Wassergefährdende Stoffe

Lesedauer:3 Minuten

Übersicht der Aufgaben im Bereich Wassergefährdende Stoffe

Bei industriellen und gewerblichen Tätigkeiten wird häufig mit wassergefährdenden Stoffen gearbeitet (hessenweit ca. 30.000 Betriebe). Außerdem fällt vielfach verunreinigtes Abwasser an. Bei unsachgemäßem Umgang mit diesen Stoffen ist ein hohes Risiko für die Schutzgüter Wasser (Grundwasser, oberirdische Gewässer) und Boden vorhanden. Dies zeigen zahlreiche Betriebsstörungen und Unfälle sowie die sog. „Altlasten“, d.h. stillgelegte Industrieflächen mit zum Teil erheblichen Boden- und Gewässerverunreinigungen.
Unser Ziel ist, Gefahren für Wasser und Boden vorsorgend abzuwenden sowie eingetretene schädliche Gewässer- und Bodenverunreinigungen frühzeitig zu erkennen, die Warnung Betroffener sicherzustellen und eine Sicherung oder Sanierung zu veranlassen.
Neben der Erteilung von behördlichen Zulassungen auf Grund der technischen Anforderungen an die Sicherheitseinrichtungen von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen ist eine ausreichende Überwachung erforderlich. Unfälle mit Auswirkungen auf Gewässer, Boden und Abwasseranlagen sind der Wasserbehörde zu melden. Bei Gewässer- und Bodenverunreinigungen werden Sofortmaßnahmen auf Grund der Gewässer- und Bodenschutzalarmpläne eingeleitet.

Im Einzelnen stellen sich die behördlichen Aufgaben wie folgt dar:

  • Beratung
    Wir beraten Sie fachkompetent in allen Bereichen des anlagenbezogenen Gewässerschutzes.
  • Anzeige und Eignungsfeststellung
    Bedeutende Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen bedürfen der Anzeige oder der Eignungsfeststellung. Wir bearbeiten Ihre Anzeigen und Anträge zügig und fachgerecht.
  • Überwachung von Anlagen
    Bei bedeutenden Anlagen wird durch zugelassene Sachverständige regelmäßig überprüft, ob die technischen Anforderungen eingehalten werden. Wir überwachen diese Überprüfungen und die Mängelbeseitigung.
  • Betriebliche Gewässerschutzinspektion (BGI)
    Als Wasserbehörde führen wir in Zusammenarbeit mit Ihnen sog. „Betriebliche Gewässerschutzinspektionen“ durch. Hierbei werden die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen überprüft. So sorgen wir für eine betriebsumfassende Überwachung im anlagenbezogenen Gewässerschutz, damit Verunreinigungen von Oberflächengewässern, Grundwasser und Boden und für deren Sanierung ggf. entstehende erhebliche Folgekosten vorsorglich vermieden werden. Bei Verdacht auf mögliche Boden- und Grundwasserverunreinigungen erfolgt eine Gefahrerforschung.
  • Schadensfallmanagement
    Wir bewerten Auswirkungen von Unfällen und veranlassen die notwendigen Maßnahmen nach den aktuellen Gewässerschutz- und Bodenschutzalarmplänen. Bei Unfällen mit erheblichen Auswirkungen auf die Weser lösen wir den „Weseralarm“ aus.

Wie gefährlich sind die verschiedenen Stoffe für das Wasser?

Die Zahl der bekannten chemischen Stoffe wird weltweit mit ca. 10 Millionen angegeben. Sie erhöht sich täglich um ca. 1.000 Stoffe. Die Weltproduktion an Chemieprodukten wurde innerhalb der letzten 100 Jahre von 1 auf 500 Millionen Tonnen pro Jahr gesteigert. Die Verdoppelung der Gesamtmenge vollzog sich in der Vergangenheit jeweils in Zeiträumen von 7-8 Jahren. Gezielt hergestellt werden in Europa bisher ca. 115.000 Stoffe, von denen weniger als 5.000 Stoffe mengenmäßig relevant sind. Aus wasserwirtschaftlicher Sicht interessieren vor allem die chemischen Stoffe und ihre Verbindungen, die eine Gefahr für Oberflächengewässer und Grundwasser mit sich bringen.

Der Begriff "wassergefährdende Stoffe" ist im § 62 Abs.3 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) nur allgemein umschrieben: feste, flüssige und gasförmige Stoffe, die geeignet sind nachhaltig die physikalische, chemische oder biologische Beschaffenheit des Wassers nachteilig zu verändern.

Stoffe und Gemische können eine Gefahr für Gewässer sein. Sie müssen deshalb entsprechend ihrer Gefährlichkeit in Wassergefährdungsklassen (WGK) – bzw. als „allgemein wassergefährdend“ oder „nicht wassergefährdend“ – eingestuft werden.

Das Einstufungsverfahren für Stoffe und Gemische ist in der Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (AwSV) geregelt, welche das bisherige Einstufungsverfahren nach der außer Kraft getretenen  Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe (VwVwS) fortschreibt.

Alle bisher in eine Wassergefährdungsklasse, bzw. als „nicht wassergefährdend“ oder „allgemein wassergefährdend“ eingestuften Stoffe können in der online-Datenbank Rigoletto des Umweltbundesamtes recherchiert werden.

Anzeige von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Die Inbetriebnahme oder wesentliche Änderung aller unterirdischen sowie bedeutenden oberirdischen Anlagen zum Umgang mit flüssigen wassergefährdenden Stoffen sind beim Regierungspräsidium anzuzeigen.
Die Bedeutung einer Anlage richtet sich nach der Wassergefährdungsklasse (WGK) des enthaltenen Stoffes und ihrem Rauminhalt. Oberirdische Anlagen für Flüssigkeiten sind somit anzeigepflichtig bei Stoffen

  • der WGK 1 größer 100 m³,
  • der WGK 2 größer 1 m³ und
  • der WGK 3 größer 0,22 m³.

Anlagen für feste Stoffe sind ab einer Masse von größer 1000 t anzeigepflichtig.
Zur Anzeige soll ein Formblatt verwendet werden.

Eignungsfeststellung von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Ortsfeste oder ortsfest benutzte Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe dürfen nur verwendet werden, wenn sie entweder anzeigefrei sind und den technischen Anforderungen der Anlagenverordnung-AwSV entsprechen oder durch das Regierungspräsidium eignungsfestgestellt, d. h. im Einzelfall zugelassen wurden.
Ausnahmen von der Erfordernis der Eignungsfeststellung sind in der AwSV geregelt.
Die Eignungsfeststellung ersetzt die Anzeige.

Bei Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen darf es auch im Brandfall zu keiner Boden- oder Gewässerverunreinigung durch entstehendes Löschwasser kommen. Deshalb sind Vorkehrungen zu treffen, damit das verunreinigte Löschwasser zurück gehalten und schadlos entsorgt wird.

Gesetzliche Grundlagen für den Löschwasserrückhalt finden sich im Bau- und im Wasserrecht. Neben dem Besorgnisgrundsatz in § 62 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) haben die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (Anlagenverordnung - AwSV) und die Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie (LöRüRL) besondere Bedeutung.

Zur Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben wurde von den Wasserbehörden unter Beteiligung von Bau- und Brandschutzbehörden die Handlungsempfehlung „Vollzug des Gebotes zur Rückhaltung verunreinigter Löschmittel im Brandfall“ erarbeitet und hessenweit abgestimmt.

Die Handlungsempfehlung soll die Wasserbehörden bei einer sachgerechten Anwendung der bestehenden Anforderungen unterstützen. Gleichzeitig soll sie einen einheitlichen Verwaltungsvollzug sicherstellen. Der Schwerpunkt der Handlungsempfehlung liegt dabei auf der Beschreibung der behördlichen Verfahrensabläufe und dem Zusammenwirken der Wasserbehörden mit den Bauaufsichtsbehörden und den Brandschutzdienststellen.

Die technischen Anforderungen an die Löschwasser-Rückhaltung ergeben sich aus der LöRüRL oder der VAwS.

Darüber hinaus dient die Handlungsempfehlung auch den Betroffenen von Gewerbe und Industrie, so weit notwendig, als Entscheidungshilfe im Hinblick auf ein Löschwasser-Rückhaltekonzept.

Überwachung von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Die Betreiber von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen sind verpflichtet, ihre Anlagen und zugehörige Sicherheitseinrichtungen ständig selbst darauf hin zu überwachen, ob sie

  • dicht, standsicher und widerstandsfähig sind,
  • Undichtheiten schnell und zuverlässig erkannt sowie
  • Leckagen und Löschwasser vollständig aufgefangen werden können.

Alle bei der Behörde anzeigepflichtigen Anlagen sind zudem im Auftrag des Betreibers vor Inbetriebnahme und ggf. wiederholend in Abständen von 2,5 oder 5 Jahren sowie bei Stilllegung durch wasserrechtlich anerkannte Sachverständige zu überprüfen. Das Regierungspräsidium überwacht, ob der Betreiber die Prüffristen einhält und Mängel in angemessener Zeit abgestellt werden.
Bei Betrieben mit erheblichem Gefährdungspotential führt das Regierungspräsidium einmalig oder in wiederkehrend betriebliche Gewässerschutzinspektionen durch. Neben einer eingehenden Beratung der Betreiber werden hierbei auch betriebliche Einrichtungen wie z. B. eine zentrale Löschwasserrückhaltung, Abwasseranlagen und Einleitungen überwacht sowie Anhaltspunkte für Boden- oder Grundwasserverunreinigungen erforscht. Für mängelfreie Betriebe wird die Gewässerschutzkonformität festgestellt.

Betriebsstörungen von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Der Betreiber muss dem Regierungspräsidium auftretende Betriebsstörungen von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen mit möglichen Auswirkungen auf Boden, Gewässer oder Abwasseranlagen mitteilen. Die Behörde überwacht die durch den Verursacher oder Betreiber ggf. bereits eingeleiteten Maßnahmen, trifft ggf. weitergehende Anordnungen zur Schadensminimierung und Gefahrenabwehr und alarmiert Gewässernutzer und sonstige Betroffene auf Grund des aktuellen Boden- und Gewässerschutzalarmplans.
Bei einer länderübergreifenden Gewässerverunreinigung auf der Weser informiert bzw. alarmiert das Regierungspräsidium über die Hauptwarnzentrale HWZ1 beim Polizeipräsidium Nordhessen in Kassel die Unterlieger, d. h. die stromabwärts liegenden Gewässernutzer und Behörden, an Hand des Warn- und Alarmplans Weser.

Die betriebliche Gewässerschutzinspektion

Insbesondere die zahlreichen auf den unsachgemäßen Umgang mit wassergefährdenden Stoffen zurückzuführenden Boden- und Grundwasserbelastungen, die Belastung oberirdischer Gewässer bei akuten betrieblichen Schadensfällen und die überwiegend für den Gewässerschutz bedeutsamen Altlasten haben die Notwendigkeit des vorsorgenden anlagenbezogenen Gewässerschutzes verdeutlicht. Die Betreiber sind für den ordnungsgemäßen Zustand ihrer Anlagen und den Umgang damit selbst verantwortlich. Anlagenbetreiber und -planer müssen ihre Pflichten kennen und beachten.

Die Wasserbehörden haben im Rahmen ihrer gesetzlich verankerten Aufsichtsfunktion (Gewässeraufsicht) sicherzustellen, dass von Abwasseranlagen und -einleitungen sowie von Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen keine Gefahren für Boden, Grundwasser, Oberflächengewässer und öffentliche Abwasseranlagen ausgehen können. Hierzu erfassen und überwachen die Wasserbehörden wasserwirtschaftlich relevante Betriebe und Anlagen, was üblicherweise im Rahmen der betrieblichen Gewässerschutzinspektion geschieht.

Die bei den Erstbegehungen der Betriebe erhobenen Daten werden erfasst und durch regelmäßig wiederkehrende Betriebsbegehungen und Sachverständigenprüfungen aktualisiert.

Bei den Betrieblichen Gewässerschutz-Inspektionen (BGI) wird vor allem geprüft,

  • ob die erforderlichen wasserrechtlichen Zulassungen und die Anzeigen für Anlagen und gewerbliche Abwassereinleitungen vorliegen und beachtet werden,
  • ob die wasserrechtlich vorgeschriebenen Prüfungen durch Sachverständige durchgeführt werden,
  • ob die bei den Sachverständigenprüfungen erkannten Mängel beseitigt und sonst notwendige Anlagensanierungen durchgeführt werden,
  • ob Boden- und Grundwasserverunreinigungen zu besorgen sind, wobei im Zweifelsfall behördliche Gefahrerforschungsmaßnahmen durchzuführen sind,
  • ob erforderliche Boden- und Grundwassersanierungsmaßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt werden und

ob der Betrieb über ein funktionsfähiges betriebliches Überwachungssystem verfügt, um den Anforderungen der Eigenverantwortung gerecht werden zu können.

Schlagworte zum Thema