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Grundlagen der Enteignung

Grundlagen Enteignung, Entschädigung, Artikel 14 GG, Entschädigungsfestsetzungsverfahren, Besitzeinweisungsverfahren, Enteignungsverfahren.

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Zur Durchführung von Maßnahmen, die der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben dienen, werden oftmals private Flächen benötigt z. B. für

  • Neu- und Ausbau einer Straße
  • Schienenbau
  • Neu- und Ausbau Flughafen
  • Energieversorgung
  • Hochwasserschutz
  • Städtebauplanung.

Nicht immer sind die Eigentümer dazu bereit, ihre Grundstücke oder Teile ihrer Grundstücke zu den vorgesehenen Bedingungen zur Verfügung zu stellen. Damit das geplante Vorhaben hieran nicht scheitert, sehen verschiedene gesetzliche Bestimmungen die Möglichkeit einer Enteignung vor.

Verfassungsrechtliche Grundlage der Enteignung ist Artikel 14 Abs. 3 Grundgesetz (GG). Danach ist der Eingriff in das Eigentum unter bestimmten Voraussetzungen zulässig:

  • Eine Enteignung ist nur zum Wohl der Allgemeinheit zulässig.
  • Sie darf nur gegen angemessene Entschädigung erfolgen.
  • Die Enteignung muss in einem Gesetz zugelassen sein, dass auch Art und Ausmaß der Entschädigung regelt.

Neben den Eigentümern können auch Rechte Dritter, wie Miet- oder Pachtrechte, Grundschulden oder Wege- und Leitungsrechte von einer Maßnahme betroffen sein.

In Hessen sind die Regierungspräsidien als Enteignungsbehörden für die Durchführung von Enteignungs-, Entschädigungsfestsetzungs- sowie Besitzeinweisungsverfahren nach dem Hessischen Enteignungs- und Entschädigungsgesetz (HEEG) in Verbindung mit Spezialgesetzen, wie z.B. dem Bundesfernstraßengesetz, dem Energiewirtschaftsgesetz, dem Allgemeinen Eisenbahngesetz oder dem Baugesetzbuch zuständig. Diese Verfahren werden nur auf schriftlichen Antrag hin eingeleitet und durchgeführt. In jedem Stadium des Verfahrens wirkt die Enteignungsbehörde auf eine Einigung zwischen den Beteiligten hin.

Wohl der Allgemeinheit, Enteignungszweck, Ablauf des Enteignungsverfahrens

Die Enteignung von Grundstücken oder Grundstücksteilen ist im Einzelfall nur zulässig, wenn das Wohl der Allgemeinheit sie erfordert und der Enteignungszweck auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann.

Voraussetzung für eine Enteignung ist, dass der betroffene Grundstückseigentümer oder Inhaber eines sonstigen Rechts ein angemessenes Angebot des Maßnahmenträgers zum Erwerb (z.B. durch Kauf, Tausch) ausgeschlagen hat. Der Maßnahmenträger muss sich also ernsthaft um den freihändigen Erwerb der betroffenen Fläche zu angemessenen Bedingungen bemüht haben. In jedem Einzelfall muss daher geprüft werden, ob diese Voraussetzungen vorliegen. Nur dann kann es zu der Entziehung von Eigentum im Rahmen eines Enteignungsverfahrens kommen.

Ablauf des Enteignungsverfahrens

Der Antrag auf Durchführung eines Enteignungsverfahrens muss von dem Maßnahmenträger mit den erforderlichen Unterlagen beim Regierungspräsidium Kassel als Enteignungsbehörde eingereicht werden. Die Enteignungsbehörde hört die vom Enteignungsantrag Betroffenen an und lässt i. d. R. ein Wertermittlungsgutachten durch einen staatlich vereidigten Sachverständigen erstellen oder zieht Gutachten von Gutachterausschüssen heran. Anschließend wird eine mündliche Verhandlung mit den Beteiligten durchgeführt, zu der diese schriftlich geladen werden. Kann auch in der mündlichen Verhandlung keine Einigung herbeigeführt werden, entscheidet die Enteignungsbehörde über den Enteignungsantrag und die zu leistende Entschädigung. Diese Entscheidung erfolgt durch den Enteignungsbeschluss. Er ersetzt die fehlende vertragliche Einigung zwischen den Beteiligten und regelt die eintretenden Rechtsveränderungen (Eigentumsübergang, Belastung des Grundstücks mit einem Recht) und die hierfür zu leistende Entschädigung.

Enteignungsverfahren, Entschädigung, dingliche Sicherung von Rechten, Grundbuch

Ein Enteignungsverfahren muss nicht immer den Entzug von Eigentum zum Ziel haben, in bestimmten Fällen reicht auch die dingliche Sicherung von Rechten an Grundstücken im Grundbuch aus. Dies ist z. B. bei Überspannungen mit Stromleitungen oder Untertunnelungen von Grundstücken der Fall. Dabei ist lediglich sicherzustellen, dass das Recht, diese Inanspruchnahme eines Grundstücks auf Dauer vornehmen zu dürfen, im Grundbuch gesichert wird. Das Eigentum verbleibt bei dem Eigentümer, wird aber belastet. Entschädigt wird in diesen Fällen der Wertverlust, den ein Grundstück wegen der Belastung erfährt.

Im Übrigen gelten für diese Verfahren die Regelungen, die auch beim Entzug von Eigentum zu beachten sind.

Dringende Maßnahmen, vorzeitige Besitzeinweisung, Besitzeinweisungsverfahren

Enteignungsverfahren ziehen sich über einen längeren Zeitraum hin. Es gibt aber Maßnahmen, die aus Gründen des Allgemeinwohls derart dringlich sind, dass der Abschluss eines Enteignungsverfahrens nicht abgewartet werden kann. Für solche Fälle gibt es das Instrument der vorzeitigen Besitzeinweisung. Wie der Begriff es schon zum Ausdruck bringt, geht es hier lediglich um den Besitz, nicht um das Eigentum an einem Grundstück, wodurch dem Maßnahmenträger eine vorzeitige Inanspruchnahme von Grundstücken oder Grundstücksteilen ermöglicht werden kann.

Das Besitzeinweisungsverfahren ist nur bei Vorliegen der folgenden gesetzlichen Voraussetzungen möglich:

  • Der sofortige Baubeginn muss geboten sein.
  • Der Eigentümer und/oder der Besitzer weigern sich, dem Maßnahmenträger das Grundstück unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen.
  • Die planungsrechtlichen Voraussetzungen (beispielsweise ein vollziehbarer Planfeststellungsbeschluss) müssen vorliegen.
  • In Fällen nach dem Baugesetzbuch muss bereits ein Enteignungsantrag gestellt sein.

Über den Antrag auf vorzeitige Besitzeinweisung entscheidet die Enteignungsbehörde erst nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen vor, weist die Behörde den Maßnahmenträger in den Besitz der betroffenen Fläche ein. Sollte es in der Folgezeit keine Einigung über den Eigentumsübergang geben, schließt sich ein Enteignungsverfahren an, damit nicht nur der Besitz, sondern auch das Eigentum auf den Maßnahmenträger übergehen kann und der Eigentümer/Besitzer seine Entschädigung erhält.

Entschädigungsfestsetzung bei Teileinigung

In Fällen, in denen Enteignung grundsätzlich möglich ist, die Beteiligten sich über den Besitzübergang einig sind, aber sich über die Höhe der Entschädigung nicht einigen können, besteht die Möglichkeit, ein Entschädigungsfestsetzungsverfahren durchzuführen. Dabei ist Voraussetzung, dass die Beteiligten eine Teileinigung hinsichtlich des Eigentumsübergangs erzielen. Dies kann innerhalb eines Enteignungsverfahrens oder außerhalb des Verfahrens in Form eines Kaufvertrags, in dem ein vorläufiger Kaufpreis vereinbart wird, geschehen. Die endgültige Höhe der Entschädigung wird dann von der Enteignungsbehörde festgesetzt.

Bei der Entschädigungsermittlung gelten die gleichen Grundsätze, die auch in einem Enteignungsverfahren angewandt werden.

Entschädigungsfestsetzung nach Spezialgesetzen

Die Enteignungsbehörde ist auch zuständig für Entschädigungsfestsetzungen bei Veränderungssperren und Planungsschäden nach dem Baugesetzbuch und bei Ansprüchen, die auf anderen Fachgesetzen (z.B. Bundes-Immissionsschutzgesetz, Schutzbereichsgesetz u.a.) beruhen.