Bodenschutz/Altlasten

Boden ist wie Luft, Wasser oder Licht eine natürliche und unentbehrliche Lebensgrundlage für Pflanzen, Tiere und Menschen. Nur auf intakten Böden kann die Landwirtschaft dauerhaft gesunde Nahrungsmittel produzieren. Sauberes Grundwasser kann nur garantiert werden, wenn wir unsere Böden unversehrt halten. Boden ist kaum erneuerbar und steht damit als Ressource nur begrenzt zur Verfügung.

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Boden ist wie Luft, Wasser oder Licht eine natürliche und unentbehrliche Lebensgrundlage für Pflanzen, Tiere und Menschen. Nur auf intakten Böden kann die Landwirtschaft dauerhaft gesunde Nahrungsmittel produzieren. Sauberes Grundwasser kann nur garantiert werden, wenn wir unsere Böden unversehrt halten. Boden ist kaum erneuerbar und steht damit als Ressource nur begrenzt zur Verfügung.

Das Bodenschutzrecht enthält eine grundsätzliche Vorsorgepflicht: Der Eigentümer eines Grundstücks, der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück und jeder, der durch seine Aktivitäten Veränderungen der Bodenbeschaffenheit eines Grundstücks herbeiführen kann, muss Vorsorge gegen das Entstehen schädlicher Bodenveränderungen treffen. (Quelle: HMUKLV)

Vorsorge durch Vermeidung bzw. Reduzierung der Bodeninanspruchnahme
Durch Fachbeiträge Bodenschutz in flächenrelevanten Raum- bzw. sonstigen fachbezogenen Planungsvorhaben wirkten wir darauf hin, dass die Ziele des vorsorgenden Bodenschutzes zum Schutz und Erhalt der natürlichen Bodenfunktionen berücksichtigt werden.

Hierzu gehören z.B. die Lenkung der Flächeninanspruchnahme auf Flächen mit geringem Funktionserfüllungsgrad, die Formulierung von Auflagen zur Vermeidung oder Minimierung unvermeidbarer vorhabenbezogener Auswirkungen auf die Bodenfunktionen sowie die Überwachung der Einhaltung fachlicher Grundsätze zum Bodenschutz im Zuge der Umsetzung zugelassener Vorhaben.

Nachsorge durch Erkundung, Untersuchung, Sanierung und Überwachung von Altlasten, schädlichen Bodenveränderungen und Grundwasserverunreinigungen
Durch die Deponierung von und den Umgang mit umweltgefährdenden Stoffen sind in der Vergangenheit zahlreiche schadstoffbedingte schädliche Bodenveränderungen und daraus resultierende Grundwasserverunreinigungen entstanden.
Im Bereich des Regierungspräsidiums Kassel sind wir für den Fall zuständig, dass ein Gewerbe- oder Industriebetrieb oder eine Anlage stillgelegt wurde (Altstandorte) und zu vermuten ist, dass aufgrund der ehemaligen Nutzung des Grundstücks Schadstoffe in den Boden gelangt sind, z. B. durch Betriebsstörungen, Leckagen an Anlagen, Unfälle oder unsachgemäßen Umgang mit Betriebsmitteln.
Ferner können Schadstoffe durch nicht ordnungsgemäße Behandlung, Lagerung oder Ablagerung von Abfällen (z. B. alte Hausmülldeponien, "wilde Müllkippen"; sog. Altablagerungen), die noch nach Jahren biologischen, chemischen und physikalischen Abbau- und Umbauprozessen unterliegen, in den Boden und das Grundwasser gelangen.
Von derartigen Standorten können Gefahren für Mensch und Umwelt (insbesondere Boden, Nutzpflanzen und Grund- bzw. Trinkwasser) ausgehen. Diese Gefahren zu beseitigen oder zumindest die daraus resultierenden Auswirkungen für Mensch und Umwelt zu minimieren bzw. abzuwehren ist unsere vordringliche Aufgabe.
Im Dienstbezirk des Regierungspräsidiums Kassel befindet sich u.a. der Rüstungsaltstandort Hess. Lichtenau-Hirschhagen.

Altlastenverdächtige Flächen und Grundwasserschadensfälle werden von uns erfasst, bewertet und überwacht. Wir veranlassen auch die Sanierungen. Im Einzelnen bedeutet das:

  • Altlasten, Grundwasserschadensfälle
    Über historische Recherchen und anhand von Boden-/Grundwassererkundungen erfolgt die Bewertung der altlastenverdächtigen Fläche. Nach Feststellen einer Sanierungsbedürftigkeit wird die bzw. der Sanierungspflichtige ermittelt und die Durchführung von weiteren Untersuchungs- und/oder Sanierungsmaßnahmen angeordnet oder in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag geregelt. Das Verfahren endet im Regelfall mit der Feststellung des Sanierungserfolgs.
  • Gewerbliche Altlastensanierung
    Kann keine Sanierungsverantwortliche bzw. kein Sanierungsverantwortlicher gefunden werden, z. B. wegen Konkurs oder ist die Heranziehung noch gerichtlich zu klären, so kann die Durchführung der Altlastensanierung der HIM GmbH, Bereich Altlastensanierung - HIM-ASG - übertragen werden, die dann im Auftrag des Landes tätig wird. Wir begleiten die Maßnahmen als Auftraggeber der HIM-ASG.
  • Altflächendatei (FIS AG – Fachinformationssystem Altflächen und Grundwasserschadensfälle, alt: Altflächen-Informations-System - ALTIS)
    In dieser Datei werden alle Erkenntnisse über Altstandorte, Altablagerungen, sonstige schädliche Bodenveränderungen und Grundwasserschadensfälle erfasst. Auf diese Informationen kann für Auskünfte an Privatpersonen oder im Rahmen von Beteiligungsverfahren schnell zugegriffen werden.
  • Beteiligungsverfahren (Bauanträge, Bauleitverfahren usw.)
    Bei Nutzung von altlastenverdächtigen Flächen oder Altlasten bestehen oft Interessenkonflikte. Durch unsere Beteiligung bei der Bauleitplanung und in Baugenehmigungsverfahren werden die Belange des Boden- und Grundwasserschutzes gewahrt. Auch in anderen Verfahren, z. B. nach Immissionsschutz-, Wasser-, Naturschutz-oder Abfallrecht, sowie bei Verkehrswegeplanungen geben wir entsprechende Stellungnahmen ab.

Unsere gesetzlichen Grundlagen finden sich im Bodenschutz-, Altlasten- und Wasserrecht.

Die „Ermächtigungsgrundlage“ für unser Handeln ergibt sich aus dem Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) und dem Hessischen Altlasten- und Bodenschutzgesetz (HAltBodSchG).
Mit Inkrafttreten des Bundes-Bodenschutzgesetzes am 01.03.1999 hat der Gesetzgeber erstmalig in Deutschland ein einheitliches Regelwerk geschaffen, durch das, neben den bereits durch Gesetze geschützten Umweltmedien „Wasser“ und „Luft“, nun auch der „Boden“ geschützt wird und dies sowohl im Hinblick auf stoffliche als auch auf physikalische Einwirkungen wie z.B. Verdichtung oder Erosion. Dabei hat der Gesetzgeber besonderen Wert darauf gelegt, dass ein vorsorgender Bodenschutz stattfindet, um u. a. auch die zum Teil immensen Kosten einer Altlastensanierung zu vermeiden. Aber auch und gerade im Hinblick auf die hohen Kosten, wurde der Zugriff auf mögliche Sanierungsverantwortliche erleichtert und erweitert.
Wesentlicher Bestandteil ist die „Gleichrangigkeit“ der Sanierungsverantwortung, was bedeutet, dass bei mehreren zur Sanierung Verpflichteten der in Anspruch genommen werden kann, bei dem die Aussichten auf einen Sanierungserfolg am größten sind. Hierzu zählen u. a. die finanziellen Möglichkeiten und die Effektivität der Gefahrenabwehr, womit nicht der Verursacher zwingend als erster herangezogen wird.
Die möglichen Sanierungsverantwortlichen sind in § 4 Abs. 3 und 6 des Bundes-Bodenschutzgesetzes abschließend aufgeführt. Danach können zu Untersuchungsmaßnahmen, zu Gefährdungsabschätzungen und zu Sanierungsmaßnahmen

  • der Verursacher der schädlichen Bodenveränderung oder Altlast,
  • dessen Gesamtrechtsnachfolger,
  • der Grundstückseigentümer,
  • der Inhaber der tatsächlichen Gewalt über das Grundstück und
  • der frühere Eigentümer des Grundstücks, wenn er das Eigentum nach dem 01.03.1999 übertragen hat und die schädliche Bodenveränderung oder Altlast kannte oder kennen musste,

herangezogen werden.

Das Hessische Altlasten- und Bodenschutzgesetz, das am 01.11.2007 in Kraft getreten ist, enthält ergänzende Bestimmungen zum Bundes-Bodenschutzgesetz, die den Vorsorgebereich und die Altlastensanierung betreffen.

In der Altflächendatei nach § 8 des Hessischen Altlasten- und Bodenschutzgesetzes (HAltBodSchG) sind Altablagerungen, Altstandorte und sonstige Flächen mit schädlichen Bodenveränderungen erfasst.

Die Erteilung von Auskünften aus der Altflächendatei erfolgt nach § 5 der Altflächendateiverordnung.

Anfallende Gebühren werden nach der Verwaltungskostenordnung des Hessischen Umweltministeriums erhoben. Der Gebührenrahmen liegt je ¼ Stunde Zeitaufwand der Recherche zwischen 25,00 € und 600 €.

Die Mindestgebühr für eine schriftliche Auskunft beträgt 50,00 €.

Um Ihnen eine korrekte und schnelle Auskunft aus der Altflächendatei des Landes Hessen bezüglich möglicher Altlasten bzw. schädlicher Bodenveränderungen erteilen zu können, sind folgende Daten des Grundstückes erforderlich:

  • Stadt/Gemeinde
  • Stadtteil/Ortsteil/Gemarkung
  • Straße und Hausnummer
  • Flur- und Flurstücksnummer(n)
  • Lageplan mit farblicher Markierung des Grundstückes


Für die Beantragung einer Auskunft verwenden Sie für den 

LK Waldeck-Frankenberg, LK Schwalm-Eder, die Stadt Kassel und den LK Kassel 

nachstehend zum Download bereit gestelltes Formular "Antragsformular Altflächenauskunft KSÖffnet sich in einem neuen Fenster" und folgende Kontaktdaten: 

Kontakt
Dezernat 31.1, Kassel
Tel.: 0561 106 4267
Fax: 0611 327640706
E-Mail: dezernat31-1@rpks.hessen.de


Für den

LK Fulda, LK Hersfeld-Rotenburg und den LK Werra-Meißner

verwenden Sie bitte das Formular "Antragsformular Altflächenauskunft HEFÖffnet sich in einem neuen Fenster" und folgende Kontaktdaten:

Kontakt
Dezernat 31.2, Bad Hersfeld
Tel.: 0561 106 2941
Fax: 0611 327640727
E-Mail: Dezernat31-2@rpks.hessen.de

 

Nach Novellierung der Hessischen Bauordnung (HBO) im Juni 2002 wird ein Bauvorhaben durch die Baubehörde nicht immer auf seine Vereinbarkeit mit den Regelungen des Bodenschutzrechtes geprüft. Ob sie geprüft wird, hängt von dem jeweiligen Baugenehmigungsverfahren ab.

Bei dem vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 57 HBO wird hauptsächlich die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach den Vorschriften des Baugesetzbuches geprüft. Hier obliegt es den Bauherrn, die Zulässigkeit des geplanten Bauvorhabens nach geltendem Recht bspw. dem Bodenschutzrecht zu prüfen. Dies sollten Sie, als Bauherr, möglichst frühzeitig tun, um Planungssicherheit zu erlangen und um vor unangenehmen Überraschungen gefeit zu sein. Bitte wenden Sie sich möglichst frühzeitig an eine unserer Ansprechpersonen für Altlasten- und Bodenschutzfragen, wenn das von Ihnen geplante Bauvorhaben in NordOstHessen verwirklicht werden soll. Von ihnen erfahren Sie, ob Ihr Grundstück gewerblich oder industriell genutzt wurde, ob eine Boden- oder Grundwasserverunreinigung vorliegt und wie damit umzugehen ist.

Im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens nach § 58 HBO werden bodenschutzrechtliche Belange über die Generalklauseln der §§ 3 Abs. 1 und 12 HBO erfasst. Demnach hat die Bauaufsicht unter anderem darauf zu achten, dass durch das Bauvorhaben die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden und das Grundstück für das geplante Vorhaben geeignet ist. Daher bindet die Bauaufsicht bei diesen Verfahren oftmals unter anderem auch die Bodenschutzbehörde in das Baugenehmigungsverfahren ein.

Obwohl die Bauaufsicht bei diesen Verfahren auch bodenschutzrechtliche Belange prüft, ist es auch hier ratsam, frühzeitig eine unserer Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Altlasten- und Bodenschutzfragen zu kontaktieren. So können Sie bereits vorhandene Boden- oder Grundwasserverunreinigungen und die sich daraus ergebenden Untersuchungs- und Sanierungsnotwendigkeiten bei der Bauplanung berücksichtigen und damit Investitionsrisiken verringern (Quelle: RP Gießen).

Beschreibung

Stand 2018

Mit dem Hessischen Altlasten- und Bodenschutzgesetz (HAltBodSchG) gibt es im Bereich des Bodenschutzes seit 1. November 2007 neue Mitwirkungspflichten zu beachten:

  • Demnach haben Sanierungspflichtige (§ 4 Abs. 3, 5 und 6 des BBodSchG) ihnen bekannte Anhaltspunkte für das Vorliegen einer schädlichen schadstoffbedingten Bodenveränderung oder Altlast unverzüglich der Bodenschutzbehörde mitzuteilen.
    Diese Pflicht besteht nicht, wenn sich Sanierungspflichtige durch die Mitteilung oder Auskunft selbst oder eine Angehörige bzw. einen Angehörigen der Gefahr einer strafrechtlichen Verfolgung oder eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens aussetzen würden.
     
  • Auch bei Baumaßnahmen, Baugrunduntersuchungen, Ausschachtungen oder ähnlichen Eingriffen sind neue Mitwirkungspflichten zu beachten. Sollten sich im Zuge dieser Maßnahmen Hinweise auf schadstoffbedingte schädliche Bodenveränderungen ergeben, so ist dies der zuständigen Bodenschutzbehörde mitzuteilen und die Bauarbeiten sind bis zur Freigabe durch diese sofort einzustellen.
     
  • Weiterhin müssen Personen, die beabsichtigen, eine Altlast oder ein Grundstück mit einer schädlichen Bodenveränderung zu sanieren oder anderweitig zu verändern, die Bodenschutzbehörde vorher schriftlich darüber informieren. Hierbei muss mindestens der Ist-Zustand mit den bekannten und vermuteten Verunreinigungen und baulichen Anlagen bezogen auf einen Auszug aus der Liegenschaftskarte beschrieben werden, wie auch die vorgesehenen Sanierungs- und Nachsorgemaßnahmen.
    Hierbei ist zu beachten, dass eine Sanierung oder sonstige Veränderung der Zustimmung der Behörde bedarf. Dies gilt nicht, wenn es sich um Maßnahmen der unmittelbaren Gefahrenabwehr handelt.
    Sollten die von der Altlast oder schädlichen Bodenveränderung ausgehenden Gefahren, erheblichen Nachteile oder erheblichen Belästigungen mit einfachen Mitteln zu beseitigen sein, dann gilt die Anzeigepflicht nicht.

Bezüglich der v. g. Punkte wenden Sie sich bitte an die entsprechenden Ansprechpersonen beim RP Kassel.

Anzeigepflicht:
Des Weiteren besteht Anzeigepflicht für das Ein- und Aufbringen von Materialien in einer Gesamtmenge von über 600 m³ je Vorhaben auf oder in den Boden. Die Anzeige hat rechtzeitig vor Beginn der Maßnahme gegenüber der Bodenschutzbehörde zu erfolgen. Sie soll Angaben über die betroffenen Flächen, die Art und den Zweck der Einbringung, des Materials sowie dessen Inhaltsstoffen und Menge enthalten. Diese Anzeigepflicht gegenüber der Bodenschutzbehörde besteht nicht, wenn die Maßnahme nach anderen Vorschriften genehmigungspflichtig ist.
Die Anzeige für das Einbringen von Material auf oder in den Boden hat gegenüber der unteren Bodenschutzbehörde zu erfolgen, die bei den Kreisausschüssen der Landkreise angesiedelt sind (Formular siehe unter Links). (Quelle: RP Gießen)
 

Der Standort Hessisch Lichtenau – Hirschhagen liegt ca. 20 km südöstlich von Kassel.

Hier befand sich während des 2. Weltkrieges eine der größten Sprengstofffabriken des III. Reiches.

Produziert wurde hauptsächlich der Sprengstoff Trinitrotoluol (TNT). Untergeordnet wurde auch Trinitrophenol (Pikrinsäure) hergestellt sowie weitere Sprengstoffe wie z.B. Hexogen verarbeitet.

Boden und Grundwasser des rd. 230 ha großen Geländes waren durch die Produktion sowie die ungeordnete Demontage nach Kriegsende großflächig mit sprengstofftypischen Schadstoffen (Nitroaromaten) verunreinigt.

Ende der 1960er Jahre wurden diese erstmals in umliegenden Trinkwasserbrunnen nachgewiesen. Neue Trinkwasservorkommen weit außerhalb des Standortes wurden erschlossen und erste Sofortmaßnahmen (Räumung von Becken) in die Wege geleitet.

Die systematische Erkundung des Standortes zur Ermittlung von Art und Ausmaß der Verunreinigungen begann ab Mitte der 1980er Jahre.

Für ca. 45 % der Fläche wurde Sanierungsbedarf festgestellt. Während die Bodensanierung wegen entsprechender Vorarbeiten zur Schaffung der erforderlichen Sanierungsinfrastruktur erst in 1997 begann, läuft die Grundwassersanierung bereits seit 1989. Die Bodensanierung konnte Ende 2009 abgeschlossen werden. Bis dahin wurden insgesamt rd. 200.000 t schadstoffbelasteter Boden entsorgt.

Für die im Auftrag und mit Finanzmitteln des Landes Hessen betriebene Sanierung wurden bis zum Abschluss der Bodensanierung rd. 105 Mio EUR aufgewendet.

Die Förderung und Rückgewinnung der bereits in das Grundwasser gelangten Schadstoffe (Grundwassersanierung) und damit die Vermeidung einer Ausbreitung über den Grundwasserpfad in die weitere Umgebung (hydraulische Sicherung) wird voraussichtlich noch über Jahrzehnte hinweg fortgesetzt werden müssen.

Die behördliche Überwachung bleibt in der Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Kassel.

Sobald ein Sanierungserfordernis bei Boden- und Grundwasserverunreinigungen festgestellt wird, kommen (entsprechend dem Bundesbodenschutzgesetz) für die Sanierung verschiedene Dekontaminationsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen in Betracht.

1. Bodensanierung
1.1 Sanierungserfordernis für den Boden

Besteht der Verdacht einer Verunreinigung von Boden mit Schadstoffen, so wird der Verdachtsbereich mit Hilfe von Sondierungen (kleine Bohrungen) erkundet. Es werden Bodenproben entnommen und auf die Schadstoffe untersucht, die man auf Grund der Vornutzung der Fläche erwartet.
Zur Beurteilung der gemessenen Schadstoffgehalte, werden verschiedene Orientierungswerte herangezogen.
Die entsprechenden Werte sind der Tabelle „Beurteilungswerte für Boden“ zu entnehmen.
Ob der Boden saniert werden muss, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab.
Dies sind z.B.:

  • eine Gefährdung von Menschen oder des Grundwassers geht von der Verunreinigung aus
  • flächenhafte (nicht nur lokale) Überschreitung der Prüfwerte,
  • erhebliche Überschreitung der Prüfwerte
  • Nutzung der Fläche

Aus diesen Aspekten ergibt sich, dass nach einer ersten Untersuchung der Schadstoff-Verunreinigung weitere Schritte folgen, sofern eine deutliche Überschreitung von Prüfwerten festgestellt wurde. In dem Fall ist die Verunreinigung mit weiteren Sondierungen einzugrenzen. Hiermit wird die Ausdehnung der Verunreinigung festgestellt.

Falls sich Grundwasser im Bereich der Verunreinigung befindet, wird auch die Untersuchung des Grundwassers notwendig sein. Hierzu werden Grundwassermessstellen gebaut und Grundwasserproben entnommen. Aus den Ergebnissen ist dann zu erkennen, ob das Grundwasser schon so stark verunreinigt ist, dass es ebenfalls saniert werden muss (siehe hierzu Sanierung von Grundwasser)

1.2 Sanierungsmaßnahmen bei Bodenverunreinigung

Für die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen bei eingetretenen Bodenverunreinigungen kommen, entsprechend Bundesbodenschutzgesetz, Dekontaminationsmaßnahmen und Sicherungsmaßnahmen in Betracht.
Hierfür stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung.
Mit Dekontaminationsmaßnahmen werden Verfahren angewandt, mit denen die Schadstoffgehalte im Boden oder der Bodenluft umgewandelt bzw. reduziert werden.
Diese Verfahren lassen sich nach ihrer Verfahrenscharakteristik oder nach dem Ort ihres Einsatzes unterscheiden.
Für einen zu sanierenden Boden ("Sanierungserfordernis") kann das folgendes bedeuten:

  • in-situ-Verfahren: der belastete Boden bleibt im Untergrund und die Sanierung erfolgt dort, wo der Boden liegt (z.B. über das Einbringen von Reagenzien, die den Schadstoffabbau beschleunigen oder ermöglichen)
  • ex-situ Verfahren: der Boden wird für die Sanierung ausgehoben
  • on-site-Verfahren: der ausgehobene Boden wird vor Ort auf dem Altlastengrundstück, z.B durch das Errichten einer Bodenbehandlungsanlage, saniert
  • off-site-Verfahren: der ausgehobene Boden wird vom Altlastengrundstück transportiert und erst dann einer Bodenbehandlung unterzogen.

Die Vielfalt der in der Vergangenheit aufgrund der technischen Entwicklung zur Verfügung stehenden Sanierungsverfahren ist groß. Das trifft besonders auf große Schadensfälle zu, bei denen sich die Durchführung technisch aufwändiger Sanierungsverfahren als effizient erweist (siehe hierzu ein Beispiel).
In unserem Zuständigkeitsbereich sind die am häufigsten angewendeten Verfahren:
Für die Bodensanierung:
Aushub des Materials

  • Reinigung durch Bodenwäsche
  • Verbringen des Materials auf eine Deponie

Bodenluftsanierung:

  • Absaugung der Bodenluft über in den Boden eingebrachte Bodenluftbrunnen und Abreinigung über Aktivkohle. Anwendung ausschließlich bei leichtflüchtigen Schadstoffen wie halogenierten Kohlenwasserstoffen und Aromaten (BTEX-Aromaten)

2. Grundwassersanierung
2.1 Sanierungserfordernis bei Grundwasser

"Die bei der Sanierung von Gewässern zu erfüllenden Anforderungen bestimmen sich nach dem Wasserrecht."
Diese Vorgabe im Bundesbodenschutzgesetz bedeutet, dass sich die
Qualitätsanforderungen der Grundwasserbeschaffenheit, vor allem die Werte, die nach einer Sanierung im Grundwasser erreicht werden sollen (Sanierungszielwerte) nach den Vorgaben im Hessischen Wassergesetz / GrundwassersanierungsVO richten.
Eine Grundwasserverunreinigung ist aber nur dann ausschließlich nach Wasserrecht zu beurteilen, wenn die Quelle der Verunreinigung, z.B. ein alter Deponiekörper, direkt bis in das Grundwasser hineinreicht; d.h. dass die Schadstoffe nicht erst über eine Bodenpassage in das Grundwasser gelangen, sondern direkt. In diesen Fällen oder sofern die Schadstoffquelle unbekannt ist, spricht man von Grundwasserschadensfällen.
Immer wenn Schadstoffe im Grundwasser gemessen werden, werden folgende Werte herangezogen, um zu beurteilen ob es sich um eine sanierungsbedürftige Verunreinigung handelt:

  • Prüfwerte für Sickerwasser im Anhang 1 zur Bundesbodenschutzverordnung
  • Sanierungsziel- und Sanierungsschwellenwerte in der Grundwasser-Verwaltungsvorschrift (zu § 77 HWG) von 1994
  • Prüfwerte (Geringfügigkeitsschwellenwerte) der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) vom 27.05.2003

Die entsprechenden Werte sind der Tabelle "Beurteilungswerte für Grundwasser" zu entnehmen
Ob eine festgestellte Verunreinigung saniert werden muss, richtet sich aber nach mehreren Gesichtspunkten:

  • Schadstoffkonzentration im Wasser
  • weiträumige oder nur lokale Verunreinigung
  • Mobilität der Schadstoffe
  • Gefährlichkeit der Schadstoffe
  • wird das Grundwasser genutzt (Wasserversorgung, Gartenbewässerung)?
  • ist das Einfließen der Schadstoffe in ein Oberflächengewässer zu befürchten?

2.2 Sanierungsmaßnahmen bei Grundwasserverunreinigung

pump and treat: Abpumpen und Reinigen des Grundwassers je nach Schadstoffart über Aktivkohle oder auch durch "strippen" (ausblasen) der leichtflüchtigen Schadstoffe. (Vor allem Aromaten aus Kraftstoffverunreinigungen z.B. bei Tankstellen oder leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffe aus Lösungsmitteln, z.B. an Standorten ehemaliger chemischer Reinigungen)
Sicherungsmaßnahmen bewirken, dass die Ausbreitung der in einer Altlast vorhandenen Schadstoffe über die Luft, den Boden oder das Grundwasser verringert oder vermieden wird. Das Schadstoffinventar im Boden, im Grundwasser oder in der Bodenluft selbst bleibt erhalten, es wird nur der Einwirkungspfad auf Schutzgüter (der Mensch, die Gewässer, einschließlich Grundwasser) unterbrochen.
Da der Schadstoff selbst nicht entfernt wird, kann die Sicherung nur eine zeitlich befristete Lösung darstellen. Deren ausreichende Wirksamkeit muss überwacht werden und Reparaturen am System (z.B. Deponieabdeckung) müssen möglich sein. Sicherungsmaßnahmen werden zur akuten Gefahrenabwehr oder Gefahrenvorsorge durchgeführt.
Zu den am häufigsten angewandten Sicherungsmaßnahmen gehören:

  • Abdeckungen, z.B. bei stillgelegten Deponien
  • Oberflächenversiegelung, z.B. Herstellung einer asphaltierten Fläche (als Parkplatz, Lagerfläche oder Betriebsfläche)
  • Einbau von Spundwänden zur Verhinderung des Abströmens verunreinigten Grundwassers

Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen
Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen sind vorzunehmen, wenn bei einer vorgefundenen Altlast auf keine der o.a. Sanierungsmaßnahmen zurückgegriffen werden kann. Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen sind nicht den technischen Sanierungsmaßnahmen zuzurechnen. Sie sind als Zwischenlösung zu betrachten, beispielsweise bei akuter Gefahr, bis zur Durchführung und Wirksamkeit von Sanierungsmaßnahmen oder auch dann, wenn mittel- oder langfristig nicht mit ausreichender Sicherheit eine Wirkung von Sanierungs- und Dekontaminationsmaßnahmen zu erwarten ist.
Zu den Schutz- und Beschränkungsmaßnahmen zählen:

  • Nutzungseinschränkungen (Absicherung gegen Zutritt, Einschränkung bestimmter baulicher Nutzungen (z.B. Einrichtung eines Kinderspielplatzes, Untersagung von Trink- u. Brauchwassernutzung im Garten oder der künstlichen Grundwasseranreicherung)
  • Beschränkungen bezüglich des Inverkehrbringens von Lebens- oder Futtermitteln, Anbaubeschränkungen
  • Beschränkungen bezüglich einer Deponiegasnutzung

Monitored Natural Attenuation - MNA
Zu den neuen Entwicklungen im Bereich der Altlastensanierung zählt das so genannte Monitored Natural Attenuation (Überwachter Natürlicher Abbau).
Hierbei werden durch wissenschaftlich-technische Untersuchungen gezielt standortspezifische Abbau- und Rückhalteprozesse, die im Untergrund ablaufen, ermittelt, um sie dem Sanierungsprozess definitiv zurechnen zu können. Zu diesen Prozessen gehören in erster Linie mikrobiologische Abbauprozesse organischer Verunreinigungen, die eine Schadstoffminderung bewirken.
Voraussetzung für den Einsatz von MNA ist eine detaillierte wissenschaftlich technische Standortbeschreibung mit der Darstellung aller für die Schadstoffminderung relevanten Prozesse.
Auswahl der Sanierungsverfahren / Hauptsächlich auftretende Verunreinigungen:
Bei der Auswahl der Sanierungsverfahren sind neben ökologisch-ökonomischen Aspekten immer auch die planungsrechtliche Nutzung des Grundstückes und das sich daraus ergebende Schutzbedürfnis zu beachten, soweit dies mit dem Schutz der Bodenfunktionen zu vereinbaren ist.
Infolge der Nutzungsspezifik von Gewerbestandorten und dem Umgang mit Abfall in den letzten Jahrzehnten sowie dem damit einhergehenden Eintrag von umweltgefährdenden Stoffen in den Boden und das Grundwasser gibt es Schadstoffe, die bei der Altlastensanierung im Vordergrund stehen und damit auch die Häufigkeit von Sanierungsverfahren bestimmen.
Entsprechend einer hessenweiten Recherche des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie HLUG sind z.B. im Regierungsbezirk Darmstadt von den bisher bekannten 13 Altablagerungen (stillgelegte Deponien) und 159 Altstandorten (stillgelegte Betriebe) unter dem Aspekt der am häufigsten vorgefundenen Stoffgruppen und den daraufhin angewandten Sanierungsverfahren untersucht worden.
Vorwiegend entstanden waren die Altlasten hier durch den Eintrag von:
a) Mineralölen einschließlich Altölen (z.B. ehem. Tankstellen, Tanklager, Bahnverladung): an 84 Standorten
b) Chlorierten Kohlenwasserstoffen (z.B. ehem. chemische Reinigungen und Maschinenfabriken):an 57 Standorten
c) Aromatischen Kohlenwasserstoffen -vorwiegend aus Vergaserkraftstoffen an ehem. Tankstellen, -lagern): an 50 Standorten
d) Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) - z.B. aus Brandresten, Teer- und Bitumen (z.B. bei ehem. Gaswerken): an 44 Standorten
e) Schwermetallen: an 47 Standorten

Die Umweltmedien Boden, Bodenluft und Grundwasser waren in der Mehrzahl betroffen. Bei den Sanierungsverfahren überwogen Bodenaushub mit Entsorgung (98% der Fälle) und Bodenluftabsaugung als begleitende Maßnahme zu anderen Verfahren. Diese für den Regierungsbezirk Darmstadt statistisch ermittelte "Häufigkeit" von schadensverursachenden Stoffgruppen und entsprechenden Sanierungsverfahren lässt sich auch auf unseren Regierungsbezirk übertragen.
Entsprechende Untersuchungsergebnisse seitens des HLUG stehen aber noch aus.

Quelle: Altlasten Annual 2002, Hess. Landesamt für Umwelt und Geologie, Wiesbaden, 2002

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