Regierungspräsidium Kassel

Zwischen Kostendruck und Klimawandel: Zur Lage der Landwirtschaft in NordOstHessen

Zum Weltbauerntag am 1. Juni dankt Regierungspräsident Mark Weinmeister den Landwirtinnen und Landwirten in NordOstHessen für ihre wichtige Arbeit in herausfordernden Zeiten. Denn Krieg, Klimawandel, Inflation und Rohstoffknappheit schaffen ein angespanntes Umfeld für den Ernährungssektor. Umso wichtiger sei ein gutes Miteinander von Berufsstand und Behörden.

„Zu allererst möchte ich allen Landwirtinnen und Landwirten in NordOstHessen für ihren großartigen Einsatz danken. Sie pflegen unsere landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft und Sie stellen sicher, dass wir Tag für Tag eine große Zahl an Lebensmitteln aus regionaler Produktion im Handel zur Auswahl haben“, so Regierungspräsident Mark Weinmeister. Der Krieg in der Ukraine ist nach wie vor präsent und seine Schrecken für die Menschen vor Ort fürchterlich. Die Auswirkungen sind auch mehr als ein Jahr später für die Menschen in Europa massiv. Die Beziehungen im weltweiten Handel sind weiterhin deutlich belastet und beeinflusst“, so Regierungspräsident Weinmeister. „Das schlägt sich auch in deutlich erhöhten Lebensmittelpreisen wieder. Doch davon kommt bei den Produzentinnen und Produzenten nur wenig an.“

Die im vergangenen Jahr auf Rekordwerte gestiegenen Erzeugerpreise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sind nämlich wieder deutlich rückläufig. So sind die Preise z.B. für Getreide seit der letzten Ernte von ehemals ca. 28,00 €/dt im Durchschnitt der Getreidearten auf ca. 19 €/dt und bei Winterraps von etwa 70,00 €/dt auf kaum mehr als 40,00 €/dt gefallen. Zwar haben sich auch die Düngerpreise teilweise mehr als halbiert, dennoch verschlechtert sich gegenwärtig die Rendite für die Landwirte im Ackerbau deutlich auf Grund der allgemeinen Kostensteigerung. Die Erzeugerpreise für Milch sind ebenfalls rückläufig (ca. 0,45 €/kg); die Preise für Schweinefleisch sind dagegen um ca. 20 Prozent (auf etwa 2,30 €/kg Schlachtgewicht) gestiegen und erreichen seit Jahren erstmals wieder annähernd eine unternehmerische Gewinnmarge. Insgesamt sind die Erlöse aus Sicht der Schweinehalter innerhalb der letzten Jahre jedoch unbefriedigend und ein Grund für den weiteren Rückgang von Betrieben mit Schweinehaltung und des Tierbestandes insgesamt, auch in NordOstHessen.

Zumindest das Frühjahrswetter 2023 bescherte den nordosthessischen Landwirtinnen und Landwirten eine kleine Atempause, wenn auch sicherlich keine Trendwende: Die Niederschläge der letzten Monate waren sehr ergiebig und bislang bleiben die Temperaturen im hiesigen Raum auch deutlich unter denen des Vergleichszeitraumes der Vorjahre. Die Verknappung der Ressource Wasser im Zuge des Klimawandels bleibt dennoch eine der großen Herausforderungen, die Landwirte schon jetzt zu verändernden Anbaumethoden und einer verstärkten Auswahl trockenresistenter Sorten im Pflanzenbau veranlasst.

Im Düngerecht gilt seit dem 01.12.2022 die neue hessische Ausführungsverordnung zur Düngeverordnung. Hier werden die einzuhaltenden Abstände zu Gewässern, die Voraussetzungen zum Zustand des Bodens bei der Ausbringung von Düngemitteln etc. beschrieben. In besonders mit Nitrat belasteten Gebieten ist eine Obergrenze für die Ausbringung von lediglich 130 kg N/ha und Jahr vorgesehen. Besonders im Landkreis Waldeck-Frankenberg, mit einer für hessische Verhältnisse vergleichsweise hohen Viehdichte, stellt dies die Landwirtschaft vor neue Herausforderungen und hat in den vergangenen Monaten in der Agrarbranche, auch in der Region, für viel Unmut gesorgt.

Seit Beginn dieses Jahres greift die neue Phase der Agrarförderung (Konditionalität), die das vorhergehende Verfahren der Cross Compliance abgelöst hat. Viele der zunächst geforderten Maßnahmen wie die Verpflichtung zu einer strengen Fruchtfolge wurden aufgrund der angespannten letztjährigen Marktlage zumindest für ein Jahr ausgesetzt. Grundsätzlich besteht die Verpflichtung für Landwirte, 4 Prozent ihrer bewirtschafteten Ackerflächen (Mindestgröße 10 ha Ackerland) aus der Produktion zu nehmen. Eine besondere Priorität gilt der Mindestbodenbedeckung in der vegetationslosen Zeit (Winter). So müssen die Landwirte mind. 80 Prozent ihrer Ackerflächen während der Wintermonate mit einer Winterkultur (Getreide, Winterraps) oder mit einer Zwischenfrucht bestellt haben.

„Zusammengefasst: die Landwirtinnen und Landwirte in NordOstHessen haben weiter große Herausforderungen zu schultern. Dabei möchten wir Sie als Regierungspräsidium selbstverständlich bestmöglich unterstützen, gerade in den uns auferlegten Zuständigkeitsbereichen, z.B. im Düngerecht. Dass die Rechtsmaterie oft komplex ist und dies aufseiten der Landwirtschaft als bürokratischer Hemmschuh wahrgenommen wird, kann ich gut nachvollziehen. Umso wichtiger ist es, den guten und vertrauensvollen Dialog zwischen Behörde und Berufsstand weiterzuführen“, so Weinmeister abschließend.

Gelegenheit zum Gespräch gibt es spätestens beim alljährlichen „Informationsaustausch Landwirtschaft“ zwischen RP und regionaler Landwirtschaft, der im Herbst dieses Jahres stattfinden wird.

 

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