RP-Mitarbeiter Jörg Freudenstein führte der Staatssekretärin und dem Regierungspräsidenten an einem konkreten Beispiel vor, wie die Prüfung einer FFP2-Maske auf dem Maskenprüfstand abläuft. Hierzu wird die Maske u.a. in das „Filterleistungsmessgerät“ eingespannt. Anschließend wird ein Öl- sowie ein Salz-Aerosol durch die Atemschutzmaske geleitet. Ein Partikelmessgerät erfasst dabei Anzahl und Größe der Aerosolpartikel. Hierbei darf ein festgelegter Durchlasswert nicht überschritten werden. Nach kurzer Zeit erscheinen auf dem angeschlossenen PC-Monitor erste Ergebnisse. Jörg Freudenstein begutachtet die Durchlasswerte: „1,2 Prozent. Das ist unterhalb des Grenzwerts.“ Die Maske hat diese Prüfung bestanden.
Mehr als jede zweite FFP2-Maske mit Mängeln
Auf dem „Maskenprüfstand“ in Kassel haben die Mitarbeitenden der Geräteuntersuchungsstelle (GUS) beim RP Kassel seit dem vergangenen Jahr mehr als 1.600 Proben von über 100 Atemschutzmasken-Fabrikaten getestet. „Mehr als jede zweite Maske wies bei den Tests sicherheitstechnische Mängel auf“, so Freudenstein. Die Ergebnisse hat das RP an das Europäische Schnellwarnsystem RAPEX für gesundheitlichen Verbraucherschutz weitergeleitet und in der Folge kam es zu zahlreichen Produktrückrufen.
„Die hohe ,Trefferquote‘ bei den Maskenüberprüfungen verdeutlicht, wie wertvoll die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen der GUS für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher in Hessen ist“, so Staatssekretärin Anne Janz anerkennend. „Es hat sich als völlig richtige Entscheidung erwiesen, ab Frühjahr 2020 eine staatliche Prüfinfrastruktur für Atemschutzmasken aufzubauen. Angesichts knapper Ressourcen in privaten Prüfeinrichtungen und dem immensen Bedarf an Schutzmasken haben wir so sichergestellt, dass die Marktüberwachungsbehörden in Hessen ihrem gesetzlichen Auftrag im Bereich der FFP2-Masken angemessen nachkommen können. Ebenso haben die dabei gewonnenen Erkenntnisse das Erfordernis staatlicher Prüfkompetenz noch einmal deutlich gemacht.“
Regierungspräsident Mark Weinmeister ergänzte: „Die Beschäftigten des Regierungspräsidiums Kassel haben auf viele Arten mitgeholfen, um die Folgen der Pandemie für die Bürgerinnen und Bürger in Hessen so gut es geht abzumildern. Das fing an bei der Corona-Soforthilfe, die unser Haus hauptverantwortlich bearbeitet hat. Daneben haben die RP-Mitarbeitenden unter anderem Testzentren kontrolliert, die Einhaltung der 3G- und Homeoffice-Regeln in Unternehmen überprüft oder die ,Task Force Impfen‘ der Landesregierung auf vielerlei Weise unterstützt. Im Rahmen der vielfältigen Unterstützung ist auch die zeitaufwendige Mitarbeit in der Task-Force Beschaffungsmanagement des Innenministeriums bei der Überprüfung von Schutzausrüstungen hervorzuheben. Der Aufbau eines Maskenprüfstandes war daher eine sinnvolle Erweiterung unserer ,Corona-Kompetenz‘, worauf wir sehr stolz sein können.“
Staatliche Prüfinfrastruktur ab 2020 etabliert
Durch den seit Frühjahr 2020 sprunghaft gestiegenen Bedarf an Atemschutzmasken in breiten Bevölkerungsschichten gelangten große Mengen an Masken zweifelhafter Herkunft und/oder zweifelhafter Qualität auf den Weltmarkt. „Inwieweit eine Atemschutzmaske ihre Anforderungen erfüllt oder nicht, sieht man ihr von außen nicht an“, so Jörg Freudenstein. „Insbesondere Filterleistung und Dichtsitz sind elementare Anforderungen, die leider ohne eine aufwendige Prüfung nicht erkannt werden können.“
Vor der Corona-Pandemie gab es in ganz Deutschland nur drei private Prüfstellen für Atemschutzmasken. Ab Frühjahr 2020 haben deshalb die Länder damit begonnen, geeignete staatliche Prüfinfrastrukturen aufzubauen. In Hessen erfolgte dies in der akkreditierten Geräteuntersuchungsstelle (GUS), die im Fachzentrum für Produktsicherheit und Gefahrstoffe des RP Kassel ansässig ist. Der dort errichtete Maskenprüfstand ist hessenweit die einzige staatliche Prüfstelle dieser Art. Das HMSI hat den Aufbau mit rund 105.000 Euro aus dem Corona-Sondervermögen unterstützt. Eine ähnlich hohe Summe hat das RP Kassel zusätzlich in den Aufbau erforderlicher Prüfmittel und die Herrichtung eines Prüfraumes investiert.
Beauftragt werden die Maskentests von den zuständigen Marktüberwachungsdezernaten an den drei hessischen Regierungspräsidien: Die Prüfmuster werden von den Mitarbeitenden der Vollzugsdezernate aus dem Handel entnommen und zur Prüfung nach Kassel geschickt. Die Ergebnisse werden in einem Prüfbericht dokumentiert und dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Das HMSI erhält am Ende eines Kalenderjahres einen Abschlussbericht.
Prüfstand ermöglicht umfassende Prüfung der Schutzfunktion
Das heutige Atemschutzprüflabor der GUS beinhaltet eine technisch ausgereifte Prüfausstattung zur Kontrolle von filtrierenden Masken im Bereich PSA (Persönliche Schutzausrüstung). Zur Ausstattung gehören ein Filterleistungsmessgerät, ein Atemwiderstandsmessgerät, sowie Apparaturen zur Konditionierung im Bereich Temperatur, Gebrauchssimulation und Durchströmung. Aufgrund der vorgefundenen Mängel wurde das Prüfspektrum erweitert. Zu den neuesten Anschaffungen gehört ein Leckageprüfstand, mit dem die nach innen gerichtete Leckage einer Schutzmaske geprüft werden kann. Dieser Prüfstand ist derzeit bei den staatlichen Stellen in Deutschland einzigartig. Mit ersten Prüfergebnissen ist im 2. Quartal 2022 zu rechnen. Gleichzeitig wird auch ein Prüfstand für die Entflammbarkeitsprüfung in Betrieb gehen, so dass in der GUS bis Ende 2022 rund 80 Prozent aller Prüfungen nach DIN EN 149 (Atemschutzgeräte – Filtrierende Halbmasken zum Schutz gegen Partikel) durchgeführt werden können. Damit ist eine Prüfung aller wesentlichen Punkte möglich, die für die Schutzfunktion von Atemschutzmasken relevant sind. Die GUS nimmt dabei ausdrücklich keine eigenen Baumusterprüfungen vor und stellt keine EU-Baumusterprüfbescheinigungen aus. Damit tritt die GUS nicht in wirtschaftlichen Wettbewerb mit privaten Prüfstellen.
Staatssekretärin Janz dankte den Beschäftigten des Prüflabors und in den Überwachungsdezernaten für ihren wertvollen Einsatz: „Eine schlagkräftige Marktüberwachung ist unerlässlich, um unlautere Geschäftemacher vom Markt zu verdrängen. Hierfür benötigen wir staatliche Kompetenzen und eine Unabhängigkeit von privater Prüfinfrastruktur. Mit den bei der GUS geschaffenen Kompetenzen und der angeschafften Prüfinfrastruktur sind wir in Hessen auch für künftige Überwachungstätigkeiten gut gerüstet.“
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Kontakt
Katrin Walmanns
Leiterin des Präsidialbüros und Pressesprecherin
Regierungspräsidium Kassel
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