Edersee

Regierungspräsidium Kassel

Richtigstellung: Abgabenplanung der Edertalsperre war vorausschauend und der Situation angemessen

Ein Medienbericht hat am Wochenende die unzutreffende Mutmaßung aufgegriffen, die Edertalsperre sei vor dem Weihnachtshochwasser 2023 „zu voll“ gewesen. Das Regierungspräsidium (RP) Kassel als zuständige Obere Wasserbehörde nimmt dies zum Anlass, entsprechenden Gerüchten entschieden entgegenzutreten.

„Haben Behörden die Flut noch schlimmer gemacht?“, fragte die „BILD“ am Sonntag, 7. Januar auf ihrer InternetseiteÖffnet sich in einem neuen Fenster. Zur Aufklärung hat sich das Medium im Vorfeld leider nicht für eine Auskunft an das RP Kassel gewandt; denn die Antwort wäre simpel und kurz gewesen:

Nein – das genaue Gegenteil ist der Fall. Die Abgabenplanung aus der Edertalsperre war vorausschauend und der Hochwassersituation angemessen.

Ein Faktencheck:

Die Edertalsperre ist der flächenmäßig zweitgrößte Stausee in Deutschland. Sie ist Eigentum des Bundes und erfüllt ihrer Zweckbestimmung gemäß drei Zwecke:

  • Die Schiffbarmachung der Oberweser in trockenen Sommermonaten,
  • Die Erzeugung von Strom aus Wasserkraft und
  • Den Hochwasserschutz im Verlauf von Eder, Fulda und Oberweser.

Die Trinkwassergewinnung ist hingegen, anders etwa als bei den Talsperren im Harz, kein Bewirtschaftungsziel der Edertalsperre. Aus ihr wird kein Trinkwasser gewonnen und hierfür muss daher auch kein Wasser eingestaut werden.

Betreiberin der Edertalsperre ist die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV); das Regierungspräsidium Kassel ist als Obere Wasserbehörde bei allen Fragen des Hochwasserschutzes eng eingebunden. Die Abgabenplanung aus der Edertalsperre wird das ganze Jahr überwacht und eng zwischen WSV und RP Kassel abgestimmt – selbstverständlich auch an Feiertagen und bei Hochwasserlagen rund um die Uhr. Als leistungsfähigste Hochwasserrückhalteeinrichtung im hessischen Wesereinzugsgebiet kann die Edertalsperre Schmelzwasser aus dem Rothaargebirge bzw. stärkere Niederschläge im Einzugsgebiet aufnehmen und so den Großraum Kassel und das Weserbergland im Bedarfsfall wirksam von Hochwasserwellen entlasten. Dies ist auch während der aktuellen Hochwasserlage um Weihnachten und Neujahr planmäßig geschehen und hat in einer insgesamt sehr großräumigen und angespannten Hochwasserlage noch größere Überschwemmungen verhindert.

Entgegen dem Bericht war die Edertalsperre auch vor dem Hochwasser weder „voll“ noch „zu voll“ – im Gegenteil. Der zu dieser Jahreszeit behördlich vorgeschriebene „Hochwasserschutzraum“ von 75 Millionen Kubikmetern stand Mitte Dezember vollständig zur Verfügung. Mehr noch: Durch eine vorausschauende Abgabenplanung wurde bereits ab Anfang Dezember das Fassungsvermögen der Talsperre für Hochwasserschutz (Hochwasserschutzraum) weiter erhöht, so dass bei Einsetzen der Hochwasserlage kurz vor Weihnachten fast 90 Millionen Kubikmeter(!) und somit fast die Hälfte (ca. 45 Prozent) des Gesamtvolumens im Edersee als Hochwasserschutzraum zur Verfügung standen.

Während der Hochwasserlage um Weihnachten und Neujahr wurde dann mehrmals planvoll in den Hochwasserschutzraum der Edertalsperre eingespeichert, so dass die Hochwasserwellen aus den Mittelgebirgslagen wirksam gekappt wurden und insbesondere die Anlieger der „unteren Eder“ und der Raum Kassel von größeren Überschwemmungen verschont blieb (der für Kassel bedeutsame Warnpegel Guntershausen hat während der gesamten Hochwasserlage niemals die Warnstufe 1 überschritten!). Aber auch an der Oberweser konnten durch die Kappung der Weihnachts-Zuflusswelle in der Edertalsperre um ca. 300 m³/s (Zufluss ca. 400 m³/s, Abgabe 105 m³/s) die Pegelstände spürbar gesenkt werden.

Dass zwischen den einzelnen Hochwasserwellen in Phasen nachlassender Niederschläge kontrolliert Wasser aus der Edertalsperre abgegeben wurde, stellt in diesem Zusammenhang ein übliches und auch vollkommen angemessenes Vorgehen dar. Durch die kontrollierte Wasserabgabe wird zum einen der Hochwasserschutzraum für die nächste Hochwasserwelle „freigefahren“, zum anderen ist eine kontrollierte und eng überwachte Wasserabgabe grundsätzlich einem unkontrollierten Voll- und ggf. Überlaufen des Edersees vorzuziehen.

Die Frage „Wasser einspeichern oder ablassen“ wird dabei vom Talsperrenbetreiber (WSV) und von den Mitarbeitenden der Oberen Wasserbehörde selbstredend in Echtzeit evaluiert und fortlaufend an die sich ändernde Wetterlage und die Hochwassersituation im Unterlauf der Talsperre angepasst. Die Obere Wasserbehörde arbeitet in ihrer Eigenschaft als Hochwasserwarnzentrale für das Hessische Wesergebiet eng mit der WSV, dem Deutschen Wetterdienst, dem Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie sowie den Leitstellen und Einsatzstäben der Landkreise und kreisfreien Städte zusammen.

Diese enge Abstimmung zwischen WSV und den Wasserwirtschaftsbehörden zur Bewirtschaftung des Hochwasserschutzraumes gilt im Übrigen auch für die zweite bundeseigene Talsperre, die Diemeltalsperre. In die Abstimmung der diesbezüglichen Bewirtschaftungsbelange waren zu jeder Zeit neben der WSV und dem Regierungspräsidium Kassel auch die Bezirksregierungen Detmold und Arnsberg auf nordrhein-westfälischer Seite eingebunden. Die Diemeltalsperre hat somit – wenngleich aufgrund ihrer deutlich kleineren Größe – ebenfalls einen spürbaren Hochwasserschutzbeitrag im Diemel- und Oberwesergebiet geliefert.

Insofern der „BILD“-Bericht den sog. „Wintersparbetrieb“ der Edertalsperre anspricht, ist hierzu noch anzumerken, dass es sich dabei um ein Testverfahren handelt, bei dem seit 2019 in längeren Zeiträumen mit geringen Zuflüssen die Mindestabgabe von 6 m³/s aus der Edertalsperre unter bestimmten Randbedingungen auf 4 m³/s reduziert und die eingesparte Wassermenge zusätzlich in der Edertalsperre bevorratet wird. Davon, dass sich RP Kassel und WSV hier „stoisch an ihr selbst aufgelegtes Fünf-Jahres-Programm“ halten, kann also von Vornherein keine Rede sein: Im Falle einer sich anbahnenden Hochwasserlage wird der Hochwasserschutzraum selbstverständlich wieder freigefahren und bevorratetes Wasser rechtzeitig abgelassen. Beim vorliegenden Hochwasser spielte dies allerdings ohnehin keine Rolle: Wegen ergiebiger Niederschläge kam der Wintersparbetrieb im Herbst und Winter 2023 noch überhaupt nicht zum Tragen.

Regierungspräsident Mark Weinmeister zeigt sich angesichts der Gerüchte und Mutmaßungen besorgt und verärgert: „Die Obere Wasserbehörde erfüllt eine verantwortungsvolle und wichtige Aufgabe, indem sie die Hochwasserstände fortlaufend evaluiert und die Abgabenplanung am Edersee so umsetzt, dass Hochwassergefahren bestmöglich abgewendet werden. Hierfür waren meine Mitarbeitenden in den zurückliegenden Tagen im Dauereinsatz, rund um die Uhr, auch an Weihnachten, Silvester und Neujahr. Sie kommen ihrer Aufgabe mit Umsicht und Verantwortungsbewusstsein nach und verdienen dafür großen Respekt – und keine ungerechtfertigten Unterstellungen. Die Mutmaßung, die Edertalsperre wäre im Vorfeld zu stark gefüllt worden, kann man nur als abstrus bezeichnen.“

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