Regierungspräsidium Kassel

Nordosthessische Landwirtinnen und Landwirte stehen vor großen Herausforderungen

Anlässlich des „Weltbauerntages“ am 1. Juni weist Regierungspräsident Mark Weinmeister auf die vielfältigen Herausforderungen hin, die Lebensmittelproduzentinnen und -produzenten in der Region NordOstHessen zu bewältigen haben. Dies verbindet Weinmeister mit einem ausdrücklichen Dank an alle Landwirtinnen und Landwirte und der Einladung, den vertrauensvollen Dialog mit den Behörden fortzusetzen.

„Seit rund drei Wochen ist eine neue Bundesregierung im Amt, die eigene Akzente in der Landwirtschaftspolitik setzen wird. Der Koalitionsvertrag enthält ein klares Bekenntnis zur heimischen Lebensmittelproduktion, sowohl was kleine als auch größere Betriebe betrifft. Es sollen für die Landwirtschaft ,praxistaugliche Regelungen und schlanke Verfahren‘ geschaffen werden. Diese Signale sind positiv zu bewerten und wir werden sehr genau beobachten, was dies in der Praxis für die Bäuerinnen und Bauern in der Region bedeutet“, so Weinmeister. Auf EU-Ebene sind die Standards im Rahmen der Konditionalität in Folge der friedlichen Demonstrationen des Vorjahres in einigen Bereichen nachgebessert worden, so dass ab diesem Jahr Kleinbetriebe (weniger als 10 ha selbstbewirtschafteter Fläche) keinen systematischen Kontrollen mehr unterliegen. Die vierprozentige Verpflichtung zur Stilllegung ist für 2025 als solches gänzlich entfallen. Weiterhin wird die Agrardieselvergütung in einer Übergangsfrist, jedoch gegenwärtig vermindert, noch gewährt. Mark Weinmeister führte hierzu weiter aus: „Diese Entwicklungen sind positiv hervorzuheben, wie auch die jüngst im EU-Parlament beschlossene Anpassung des Schutzstatus für Wölfe. Deutschland muss diese nun rasch in nationales Recht umsetzen, um eine wirksame und an den Realitäten ausgerichtete Bestandsregulierung zeitnah einzuleiten und so Sicherheit für Herdenhalterinnen und -halter zu schaffen. Hessen hat hier mit der Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht, dem Wechsel des Wolfszentrums Hessen zu Hessen Forst und der Zuständigkeitsübertragung von der Oberen Naturschutz- auf die Obere Jagdbehörde des RP Kassel bereits wichtige Weichen gestellt.“

Abseits der politischen Entwicklungen schaffen die momentanen Wetter- und Marktbedingungen weiterhin ein höchst anspruchsvolles Umfeld für Landwirtinnen und Landwirte. Dies führt momentan zu starker Zurückhaltung bei Investitionen in Technik und Tierhaltung. In diesem Frühjahr hat sich erneut eine ausgeprägte Trockenheit in weiten Teilen Deutschlands und auch NordOstHessens eingestellt, die einen sicheren Ernteertrag, vor allem bei Getreide und Ölfrüchten, vielerorts nicht mehr garantiert. Lediglich der Anbau von Mais und Rüben, erst vor wenigen Wochen wurde die Aussaat abgeschlossen, ermöglicht vorerst noch eine hohe Ertragserwartung. Der Grundwasserspiegel, die Wasservorräte in den Böden sowie der Wasserstand von stehenden und fließenden Gewässern ist bereits bedenklich gesunken. Die Auswirkungen unberechenbarer klimatischer Entwicklungen als Folge des Klimawandels stehen aktuell deutlich vor Augen.

Die Erzeugerpreise für Getreide und Winterraps verharren gegenwärtig in etwa auf dem Niveau des Vorjahres. Bei Futterweizen liegen die Notierungen bei ca. 20,00 €/dt, für Backweizen liegen die Angebote bei ca. 23,00 €/dt, für Wintergerste bei ca. 18,00 €/dt sowie für Winterraps bei ca. 48,00 €/dt. Die Erzeugerpreise für Milch sind dagegen rückläufig (gegenwärtig ca. 0,48 €/kg); die Preise für Rindfleisch liegen bei rekordverdächtigen 6,80 €/kg Schlachtgewicht. Die Notierungen für Schweinefleisch liegen niedriger als im Vorjahr (2024: 2,30 €/kg Schlachtgewicht) nunmehr bei etwa 2,10 €/kg Schlachtgewicht. Der steigende Ferkelpreis von gegenwärtig etwa 75,- € (Basisgewicht eines Ferkels von 25 kg) verwehrt den Mastbetrieben eine bessere Rendite.

Der Fortgang des Strukturwandels, einhergehend mit dem Rückgang der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe und dem weiteren Abbau der Tierbestände, verdeutlicht die Entwicklung in der heimischen Region. Vorläufigen Ergebnissen der Agrarstrukturerhebung zufolge (Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt) hat es zum 1. März 2023 rund 15.300 landwirtschaftliche Betriebe mit insgesamt 767.000 Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche in Hessen gegeben, hiervon etwa 7.000 im Bereich des RP Kassel. Neben den Betrieben war auch die Größe der Schweine- und Milchviehbestände rückläufig, wobei die Geflügelbestände konstant geblieben sind.

„Die naturräumlichen, klimatischen und strukturellen Veränderungen als gesellschaftliche Herausforderung in der Region anzunehmen, stellt eine Aufgabe auch für die Verwaltung im Regierungspräsidium dar. Dies geht mit unserem erklärten Ziel einher, die vielerorts auftretenden Zielkonflikte bestmöglich aufzulösen, die bei der Nutzung bisher für Landwirtschaft genutzter Flächen für Siedlungszwecke, Gewerbe, Energieerzeugung usw. auftreten. Der Erhalt landwirtschaftlich genutzter Grundstücke als Grundlage unserer Nahrungssicherung darf dabei nicht über Gebühr zurückstehen. Hierbei leisten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zuständigen Fachdezernate beim RP Kassel auf Planungs- und Genehmigungsebene, in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren sowie Trägern öffentlicher Belange, einen für die heimische Region wichtigen Beitrag für die Menschen vor Ort. Mein Dank gilt allen Landwirtinnen und Landwirten in der Region, die trotz der anspruchsvollen Umstände mit Herzblut ihrem Beruf nachgehen und unsere heimische Kulturlandschaft prägen. Das Regierungspräsidium und ich stehen Ihnen weiterhin für den vertrauensvollen Dialog zur Verfügung“, so Weinmeister abschließend.

Regierungspräsident Mark Weinmeister wird seine diesjährige Sommerreise „RP vor Ort“ durch den Regierungsbezirk unter das Schwerpunktthema Landwirtschaft, Fischerei und Forsten stellen und im Zeitraum von Ende Juli bis Anfang August mit zahlreichen Beschäftigten in der Landwirtschaft und angrenzenden Bereichen ins Gespräch kommen. Das detaillierte Programm wird demnächst bekanntgegeben.

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