Regierungspräsidium Kassel

Kunstwerk „86° WALTER HALİT“ wird am 4. September auf dem Dach des Regierungspräsidiums eingeweiht

Die Realisation des Kunstwerks „86° WALTER HALİT“ von Natascha Sadr Haghighian steht kurz vor dem Abschluss. Auf einen Spendenaufruf des Regierungspräsidiums (RP) Kassel sind mehr als 250.000 Euro eingegangen. Diese überwältigende Spendenbereitschaft hat die Fertigung und Installation auf dem Dach des Regierungspräsidiums ermöglicht.

Die festliche Einweihung des Kunstwerks soll am 4. September um 15 Uhr unter Beteiligung zahlreicher Gäste aus Politik, Kunst und Kultur, Wirtschaft und Zivilgesellschaft erfolgen.

Die großzügige Unterstützung durch zahlreiche Spenderinnen und Spender macht es im sechsten Todesjahr Walter Lübckes möglich, dass nach seiner Ermordung 2019 konzipierte Kunstwerk für Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und eine offene Gesellschaft auf dem Dach des Regierungspräsidiums zu errichten. Die Einweihung findet im Rahmen einer Feierstunde vor dem Regierungspräsidium am Donnerstag, 4. September ab 15 Uhr statt. Redebeiträge halten werden der Hessische Staatsminister für Kunst und Kultur Timon Gremmels, die Künstlerin Prof. Natascha Sadr Haghighian, Regierungspräsident Mark Weinmeister und Kassels Oberbürgermeister Dr. Sven Schoeller. Die Feierstunde wird umrahmt von Schülerinnen und Schülern der Walter-Lübcke-Schule Wolfhagen, dem Mitarbeitenden-Chor des RP Kassel und der Musikgruppe NAWAR

Aus Sicherheitsgründen ist die Veranstaltung auf der Freifläche zwischen Regierungspräsidium Kassel und Steinweg auf 600 Personen begrenzt. Für eine Teilnahme an der Veranstaltung ist eine Anmeldung zwingend erforderlich. Interessierte Bürgerinnen und Bürger sind herzlichst eingeladen und können sich hier anmelden: 

Link: https://beteiligungsportal.hessen.de/portal/kurzurl/1006094

Sollten alle 600 Plätze vergeben sein, so besteht die Möglichkeit, die Veröffentlichung des Kunstwerks auch aus dem öffentlich angrenzenden Raum zu verfolgen (bspw. Bürgersteige Steinweg, Parkplatz Markthalle, Vorplatz Staatstheater/Ottoneum). Die Anmeldung zur offiziellen Veranstaltung auf dem Areal vor dem Regierungspräsidium Kassel erfolgt chronologisch, sodass Anmeldungen nur nach dem Eingang ihrer Reihenfolge berücksichtigt werden können. Weitere Anmeldungen (>600) können nicht berücksichtigt werden, kommen aber auf eine Warteliste. 

Gäste werden zudem gebeten, Folgendes zu beachten, wenn Sie an der offiziellen Veröffentlichungsveranstaltung vor dem RP Kassel teilnehmen:

Mitzubringen: 

  • Ticket (wird digital nach erfolgreicher Anmeldung zugestellt)
  • Ausweisdokument 

Nicht mitzubringen: 

  • Taschen, die größer als ein DIN-A4-Blatt sind
  • Gefährliche Gegenstände 

Sonstige Hinweise: 

  • Kostenpflichtige Parkplätze stehen nur in begrenztem Maße zur Verfügung (zwischen RP Kassel und Staatstheater)
  • Den Anweisungen von Polizei, Sicherheitskräften und RP Mitarbeitenden ist Folge zu leisten.

Bereits am Vorabend, Mittwoch, 3. September findet um 18 Uhr im Museum Fridericianum eine Einführung in das Kunstwerk für die Kasseler Öffentlichkeit durch die Künstlerin statt. Unterstützt wird sie von Mitgliedern ihres Redaktionsteams, Fritz Lazlo Weber und Malin Kuht. Im Gespräch mit dem Kurator Gürsoy Doğtaş sollen auch migrantische Kontinuitäten in Kassel aufgezeigt werden. Danach wird auch ein Publikumsgespräch eröffnet. Eine Teilnahme ist ohne Anmeldung vor Ort möglich. 

Langjähriges Projekt kommt zu erfolgreichem Abschluss 

Regierungspräsident Mark Weinmeister freut sich, dass das Projekt nach mehrjährigen Vorbereitungen zu einem erfolgreichen Abschluss kommt: „Das Kunstwerk wird buchstäblich ein Leuchtfeuer auf dem Dach unseres Regierungspräsidiums sein. Es erinnert an zwei schreckliche rechtsextremistische Taten, die für immer mit der Stadt Kassel und mit unserer Region verbunden sind. Es gemahnt aber noch viel mehr daran, das Andenken Walter Lübckes und Halit Yozgats wachzuhalten: Aus ihrem Tod erwächst unsere Pflicht, für die Demokratie, für Toleranz und für unsere offene Gesellschaft zu kämpfen. – Ein langwieriger Prozess liegt hinter uns. Auf die ersten Ideen von RP-Mitarbeitenden folgte ein Kunstwettbewerb, auf den wiederum eine zeitintensive Feinkonzeption und Bauplanung folgten. Für den großen Einsatz möchte ich allen Beteiligten herzlich danken. Mein ganz besonderer Dank gilt den vielen Spenderinnen und Spendern, die erst die Realisation des Kunstwerks möglich gemacht haben. Zivilgesellschaftliches Engagement legt das Fundament für ein funktionierendes Gemeinwesen. Ich bin überwältigt von der großen Spendenbereitschaft.“ 

Die Initiative zu dem Kunstwerk kam von RP-Mitarbeitenden infolge der Ermordung Dr. Walter Lübckes im Juni 2019. In einem beschränkten Kunstwettbewerb wurde ein Werk gesucht, das offensiv die Ermutigung und Forderung formulieren soll, für Werte wie Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und eine offene Gesellschaft einzustehen. In dem Wettbewerb setzte sich 2021 der Entwurf „86° WALTER HALİT“ von Natascha Sadr Haghighian durch. Projektpartner bei der Realisierung sind neben dem Regierungspräsidium und Natascha Sadr Haghighian der Verein Bewegungsperspektiven für Licht, Kunst und Kultur e.V. Kassel und die Bürgerstiftung für die Stadt und den Landkreis Kassel. Auch der Kasseler Kunstverein hat das Projekt in der Anfangsphase engagiert begleitet.

Natascha Sadr Haghighian erklärt zu ihrem Kunstwerk: "Ich kann nicht Walter sagen, ohne auch Halit zu sagen“ war das erste, das mir durch den Kopf ging. Die Namen der Opfer rechter und rassistischer Gewalt zu erinnern, bedeutet auch ein Versprechen. Das Versprechen, sich dafür einzusetzen, dass es kein weiteres Opfer geben darf. Das keiner seinen Vater, Sohn, Bruder oder Freund verlieren darf, weil Rassismus und Hetze nicht gestoppt wurden. Es gilt also die Verhältnisse zu verändern, die diese Gewalt ermöglichen.” 

Herr Günter Schleiff, Vorsitzender des Vereins Bewegungsperspektiven für Licht, Kunst und Kultur e. V. und Architekt des Kunstwerks sieht die grausamen Morde an Dr. Walter Lübcke und Halit Yozgat als ein Tabubruch im gesellschaftlichen und demokratischen Konsens der Bundesrepublik: „Dieser Konsens verbietet jegliche Gewalt als Mittel politischer Auseinandersetzung. Dem ein dauerhaftes Zeichen zu setzen, der Stadtgesellschaft als Mahnung und Aufforderung diesen Konsens zu bewahren, gelingt dem Kunstwerk von Natascha Sadr Haghighian“, so Schleiff. „Unserem Verein Bewegungsperspektiven für Licht, Kunst und Kultur war das die Motivation, die Realisierung des Kunstwerks auf dem Gebäude des Regierungspräsidiums umzusetzen.“

Ingo Buchholz, Vorsitzender des Vorstands der Bürgerstiftung für die Stadt Kassel und den Landkreis Kassel unterstrich die Eigenmotivation der Stiftung bei Unterstützung des Projekts: „Bürgerstiftungen machen sich stark für eine vielfältige, tolerante und demokratische Gesellschaft, so auch die Bürgerstiftung für die Stadt Kassel und den Landkreis Kassel. Vor einigen Jahren bereits haben wir die Selbstverpflichtung der Bürgerstiftungen „Für Demokratie, Menschenwürde und Vielfalt“ unterzeichnet, da wir uns zu diesen Werten bekennen und uns damit für ein freiheitlich demokratisches Miteinander aussprechen. Werte, die in seinem Handeln auch Dr. Walter Lübcke repräsentierte und vertrat. Wir verstehen die Selbstverpflichtung als Arbeitsauftrag an uns alle, jene Überzeugungen im Alltag und in der Bürgerstiftungsarbeit umzusetzen“, so Buchholz. „So lag es nahe, sich als Bürgerstiftung an der Umsetzung des Kunstwerkes zu engagieren“, so Buchholz weiter. 

Große Spendenbereitschaft 

Die Gesamtspendensumme von über 250.000 Euro setzt sich aus zahlreichen Einzelspenden zusammen, die aus allen Gesellschaftsbereichen sowohl regional als auch überregional stammen. 

Die Projektpartner danken allen zahlreichen Organisationen, Spenderinnen und Spendern, darunter viele RP-Mitarbeitende und Privatpersonen, die mit ihrem Beitrag zur Entstehung des Kunstwerks beigetragen haben. 

Das Regierungspräsidium veröffentlicht auf seiner Website zeitnah und unter ständiger Aktualisierung eine Auswahl der Spenderinnen und Spender (je nach datenschutzrechtlicher Einwilligung zur Veröffentlichung).

Das Kunstwerk 

Das Kunstwerk „86° WALTER HALİT“ besteht aus zwei jeweils 5 Meter langen und 2,5 Meter hohen, mit einem textilen Gewebe bespannten und in Spektralfarben schillernden Leuchtkästen, die die Namen „HALİT“ und „WALTER“ tragen. Die zweischenklige Skulptur ist auf dem Dach des Regierungspräsidiums in einem 86-Grad-Winkel so positioniert, dass die Schenkel des Winkels jeweils auf die Orte zeigen, an denen Halit Yozgat (1985-2006), der in Kassel geboren wurde und ein Internetcafé betrieb, und Regierungspräsident Walter Lübcke (1953- 2019), der sich als Demokrat für Geflüchtete und Migration einsetzte, lebten und von Rechtsradikalen ermordet wurden. 

Natascha Sadr Haghighians Arbeit sticht laut Juryvotum durch den „starken Signalcharakter des Entwurfs, der sowohl bei Tag als auch bei Nacht weithin sichtbar ist,“ hervor. Daneben überzeugte „die konzeptionelle Schärfe, die durchdachte, humane und zukunftsweisende Kraft des Vorschlags“ die Jury. „Die Verbindung der auf die Vornamen reduzierten Nennungen schlägt eine Brücke der Solidarität zwischen den beiden unterschiedlichen Opfern des rechten Terrors in Kassel.“ Zugleich werde ein wirksames Zeichen gegen das Vergessen und für das aktive Eintreten für unsere demokratischen Werte in Deutschland und Europa formuliert, heißt es weiter in der Begründung der Jury. 

Das 2021 eingereichte Exposé des Kunstwerks ist hier verfügbar.

Stele und Vermittlungsteil

Eine ebenfalls in Spektralfarben leuchtende Stele, die die Formensprache des Kunstwerks aufnimmt, wird auf der Rasenfläche gegenüber dem Staatstheaterparkplatz errichtet. Ein darauf abgebildeter QR-Code führt Passantinnen und Passanten zu einem Online-Vermittlungsteil, bestehend aus einer Website und einer zweiteiligen Audioerzählung. Die Audio-Reise durch Kassel und Nordhessen erläutert die Hintergründe des Kunstwerkes, von biographischen Erzählungen zu Halit Yozgat und Walter Lübcke über die Geschichte rechtsextremer Gewalt in Deutschland und Hessen bis hin zur Idee und zur künstlerischen Konzeption für das Kunstwerk.

Das Regierungspräsidium Kassel dankt im Namen des Landes Hessen für die großzügigen Spenden und Unterstützungen u. a. folgenden Organisationen, Stiftungen, Privatpersonen und Institutionen.

  • Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung e.V.
  • Stiftung Hübner und Kennedy gemeinnützige GmbH
  • Karin und Uwe Hollweg Stiftung
  • SV SparkassenVersicherung Holding AG
  • EAM GmbH & Co. KG
  • EDEKA Aschoff
  • Rechtsanwalt Bernhard Striegel
  • Dr. Wilhelm Bing

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