Regierungspräsidium Kassel

Informationsveranstaltung zu schwarzen Schafen im Handel und zu Präventionsmöglichkeiten

Im Rahmen einer Informationsveranstaltung bei der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt in Göttingen informierten Fachleute unter Federführung des Regierungspräsidiums (RP) Kassel zu Unregelmäßigkeiten im Handel mit forstlichem Vermehrungsgut. Ziel der Veranstaltung: Keine Panikmache, sondern Bewusstsein zu schaffen für Gefahren und Vermeidungsstrategien im Umgang mit nicht zertifizierten

Die Veranstaltung in den Räumen der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt Göttingen war mit mehr als 60 Teilnehmenden sehr gut besucht und zeigte das große Interesse an dem Thema Forstliches Vermehrungsgut. Die Organisation hatte auf Initiative der sogenannten Kontrollbeauftragten nach dem Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) der Länder Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen das RP Kassel – Obere Forstbehörde – übernommen. Zielgruppe waren Vertreterinnen und Vertreter aus Forstverwaltungen der beteiligten Bundesländer wie auch die Walbesitzerverbände und betroffene private und kommunale Waldbesitzende. Um den Dialog zu fördern und nicht übereinander, sondern miteinander zu reden, waren auch etliche Vertreterinnen und Vertreter von Forstbaumschulen eingeladen.

Die Vorträge umspannten verschieden Aspekte des Themas Handel mit Forstvermehrungsgut. Dr. Bernhard Hosius vom Forstgenetischen Institut der Universität Göttingen bzw. der Firma ISOGEN hielt den Einstiegsvortrag zur Motivation der Zertifizierung und den genetischen Grundlagen zum Nachweis mit Genmarkern. Danach referierte Karl-Heinz Moser von der Firma PlusBaum Samen GmbH über illegale Importe, „schwarze“ Saatgutmengen im Handel und Preisunterschiede zwischen Deutschland und dem Ausland. Als Sprecher des Verbandes Deutscher Forstbaumschulen e.V. (VDF) berichtete Alain Paul über Wege der VDF-Baumschulen, die Herkunftssicherheit zu verbessern.

Aus Sicht einer Landesforstverwaltung gab Andreas Preuss vom Niedersächsischem Forstamt Oerrel und der dort angesiedelten Forstsaatgutberatungsstelle Hinweise zur Vermeidung und Vorbeugung von illegalem Material durch Zertifizierung und Lohnanzuchten.

Abschließend berichteten die Kontrollbeauftragten Ulrich Knickrehm für Hessen, Dirk Müller für Niedersachsen und gleichzeitig als Bundessprecher der Kontrollbeauftragten sowie Martin Lappe für Nordrhein-Westphalen über Betrugsfälle der letzten Jahre, Beispiele, Handelswege und Marktgeschehen. Die Moderation der Veranstaltung übernahm Arnd Baumgarten, Dezernatsleiter Forsten und Jagd am Regierungspräsidium Kassel.

Für Waldbesitzende besteht die gesetzliche Pflicht, geschädigten Wald wieder zu bewalden. Insofern besteht die Notwendigkeit, den Wald gezielt mit geeignetem Baumarten wieder zu bepflanzen. Dabei soll - nach dem bundesweit gültigen Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) – nur geeignetes hierfür zugelassenes Pflanzgut verwendet werden. Und genau darin besteht das Problem: es gibt nicht immer genug geeignetes Material auf dem Markt gibt. Nicht nur sind die Forstbaumschulen aufgrund der hohen Nachfrage quasi ausverkauft, sondern auch der Nachschub an z.B. Eicheln und Bucheckern ist spärlich und nicht kontinuierlich. So gibt es in diesem Jahr keine Eichenmast in Hessen und somit auch keine Eicheln, welche von den Baumschulen zu pflanzbaren Bäumen in den nächsten Jahren angezogen werden können.

Dies ruft natürlich Glücksritter auf den Plan, die versuchen, ungeeignetes Vermehrungsgut auf dem heimischen Markt zu platzieren. Hier besteht ein großes Risiko, wenn z.B. Eichen aus den wärmeren südeuropäischen Ländern in den hessischen Mittelgebirgen gepflanzt werden. Ganze Pflanzungen im Wert von mehreren tausend Euro können dann bei zu frühem Laubaustrieb durch Spätfröste flächenhaft absterben. Schon seit längerem haben Forstbaumschulen deshalb privatrechtliche Zertifizierungssysteme, so z.B. das Forum forstliches Vermehrungsgut e.V. (FfV) oder der Zertifizierungsring für überprüfbare forstliche Herkunft Süddeutschland e.V. (ZüF) geschaffen, um eine lückenlose Nachverfolgung vom Erntebestand über die Baumschulen bis zum Endverbraucher – den Waldbesitzenden – zu gewährleisten.

Die Informationsveranstaltung diente der Sensibilisierung dafür, dass die Gefahr der Einschleusung von gebietsfremdem, nichtzertifiziertem Pflanzgut real ist. So mussten in dem bisher umfangreichsten Fall in Hessen 240.000 Eichen im Schätzwert von ca. 600.000 Euro von der betroffenen Baumschule ersetzt werden. Diese war selbst Opfer von falsch deklarierter Ware einer anderen Baumschule gewesen. Aber auch die Baumschulen selbst befürworten Kontrollen durch die genannten Zertifizierungssysteme und zusätzlich von Amts wegen durch die Kontrollbeauftragten der Länder, um den schwarzen Schafen der Branche das Handwerk zu legen und Markttransparenz für alle Beteiligten zu schaffen.

 

Hintergrund:

Das Regierungspräsidium Kassel ist (wie auch die Regierungspräsidien Gießen und Darmstadt) sogenannte „Landesstelle“ nach dem Forstvermehrungsgutgesetz, welches den Handel mit forstlichem Pflanzgut regelt. Die Aufgaben umfassen u.a. die Auswahl und Zulassung von forstlichen Saatgutbeständen. Nicht jeder Waldbestand ist automatisch für die Beerntung und das Inverkehrbringen von hochwertigem Vermehrungsgut geeignet. Es spielen Qualität, Vitalität und genetische Veranlagung eine Rolle. Die zugelassenen Saatgutbestände werden meist für mehrere Jahrzehnte in einem Register geführt und regelmäßig auf ihre Eignung überprüft. Weitere Aufgabe der Landesstelle beim Regierungspräsidium ist die Ausfertigung der sogenannten Stammzertifikate vor der tatsächlichen Ernte, die als Begleitschreiben die Eicheln, Bucheckern oder Zapfen zur Baumschule als Herkunftsnachweis begleiten müssen. Dadurch soll die genetische Vielfalt und Qualität der Waldbestände auch für künftige Generationen gewährleistet werden. Wer z.B. Saatgut ohne Genehmigung des Regierungspräsidiums (sprich: ohne Stammzertifikat oder gar aus nicht registrierten Herkünften) nimmt und in den Verkehr bringt, kann sich sogar strafbar machen.

Der landesweit zuständige Kontrollbeauftragte für forstliches Vermehrungsgut ist in Hessen beim RP Kassel angesiedelt und ist von dort auch für die anderen Landesstellen tätig. Ziel des Aufgabenbereichs ist eine Qualitätssicherung der Herkunftssicherheit des forstlichen Vermehrungsguts. Dabei erfolgen insbesondere Überprüfungen der Herkunftsangaben der zur Pflanzung verwandten Baumarten. Das Land Hessen unterstützt somit die Waldbesitzenden aktiv bei der Wiederbewaldung der Kalamitätsflächen und damit der Sicherung der Waldfunktionen (Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktion) für die Allgemeinheit.

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