Am 2. Juni jährt sich der rechtsextremistische Mord an Kassels Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke zum fünften Mal. Mit seinem beherzten Eintreten für demokratische Werte, die Achtung der Menschenwürde und für geflüchtete Menschen wurde der Christdemokrat zur Zielscheibe von Hass und Hetze, insbesondere in rechtsextremistischen Teilen dieser Gesellschaft, die gegen Geflüchtete und politisch Verantwortliche Stimmung machen. Diese Stimmung ist bis heute spürbar, und die Bedrohung durch rechte Gewalt und Demokratiefeinde ist so präsent wie vielleicht noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. Dies zeigen auch die Enthüllungen um Deportationspläne zu Beginn des Jahres. Mut machen hingegen die vielen anhaltenden Demonstrationen auch in den Orten in Nord- und Osthessen, bei denen tausende Bürgerinnen und Bürger Flagge zeigen gegen Extremismus und Menschenfeindlichkeit. Die Demonstrierenden lösen damit genau das ein, was Walter Lübcke 2015 im Lohfeldener Bürgerhaus eingefordert hat: „Es lohnt sich in unserem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten.“
In der Kasseler Martinskirche, dem Ort, an dem vor fünf Jahren der Trauerakt für Walter Lübcke stattfand, erinnern seitdem jedes Jahr am 2. Juni das Regierungspräsidium Kassel und die Demokratie-Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“ zusammen mit der Evangelischen Kirchengemeinde Kassel-Mitte an den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten.
Die diesjährige Gedenkfeier am Sonntag, 2. Juni (10.30 Uhr), bekommt einen besonderen Rahmen: „Wir sind sehr dankbar und es bedeutet uns viel, dass BundespräsidentFrank-Walter Steinmeier die Einladung angenommen hat und als Ehrengast die Gedenkansprache in Kassel halten wird“, so die Initiatoren.
Unmittelbar nach der Ermordung Walter Lübckes hatte Bundespräsident Steinmeier erklärt: „Es muss uns beschämen und darf uns auch nicht in Ruhe lassen, dass wir Walter Lübcke nicht schützen konnten. Wir dürfen die Gefahr eines Terrorismus von rechts niemals wieder unterschätzen. Eine Gefahr ist aber nicht nur der rechtsextreme Gewalttäter, der den Finger am Abzug hat, sondern ein Klima oder Netzwerke, in denen sich Menschen zu solchen Taten legitimiert oder gar ermutigt fühlen.“ In einem Debattenforum im Schloss Bellevue zu Zustand und Zukunft unserer Demokratie forderte der Bundespräsident unlängst zu gemeinsamen Kraftanstrengungen für die Demokratie auf: „In einer Zeit, in der die demokratische Ordnung nicht mehr von allen als selbstverständlich hingenommen wird, in der die erklärten Gegner an Zustimmung gewinnen, muss die Formel von der wehrhaften Demokratie mehr sein als nur ein Lippenbekenntnis.“
Umso wichtiger ist es daher, dass sich selbstbewusste Bürgerinnen und Bürger einmischen und ihre Stimme erheben gegen Populisten und Extremisten jeder Art. Die Organisatoren der Gedenkveranstaltung wollen auch mit der Auswahl der Gäste der Gedenkfeier, die einen Querschnitt der Bevölkerung und des bürgerschaftlichen Engagements in der Region abbilden soll, Walter Lübckes Vermächtnis in Ehren halten
Eingeladen werden neben den politischen Repräsentantinnen und Repräsentanten, Kabinettsmitgliedern der hessischen Landesregierung, Landtags- und Bundestagsabgeordneten, bewusst viele Bürgerinnen und Bürger aus der Region: Mitbürger, die in den vergangenen fünf Jahren für ihr ehrenamtliches Engagement ausgezeichnet wurden, die sich in Hilfsorganisationen engagieren, als Deutsche eingebürgert wurden, Mitglieder von Religionsgemeinschaften, Ausländer- und Seniorenbeiräte Schülervertreter ebenso wie Stipendiaten des Studierendenwerkes Kassel, ehrenamtliche Wahlhelferinnen und -helfer der bevorstehenden Europawahl und Geflüchtete. Insgesamt werden 1.000 Gäste erwartet.
Regierungspräsident Mark Weinmeister: „Dr. Walter Lübcke war ein hochgeachteter, in seiner Behörde und der ganzen Region beliebter und im besten Sinne nahbarer Regierungspräsident. Sein Verlust durch die feige rechtsextremistische Mordtat hat die ganze Republik erschüttert und schmerzt nach wie vor tief. Wir werden uns im Regierungspräsidium weiter dafür einsetzen, dass Hass und Hetze keinen Platz in unserer Gesellschaft haben. Hierauf verpflichtet uns das Andenken an Walter Lübcke.“
Michael Sasse, Offen für Vielfalt e.V.: „Kassel und die Region stehen für Demokratie und Vielfalt. Mit der breiten Beteiligung von ganz unterschiedlichen Bürgerinnen und Bürgern an der Gedenkfeier werden vielfältige Meinungen, Interessen und Ideen abgebildet – und damit auch die repräsentative Demokratie gestärkt. So erinnern wir nicht nur an einen aufrechten Demokraten, sondern halten auch sein Vermächtnis in Ehren.“
Pfarrer Dr. Willi Temme, Evangelische Kirchengemeinde Kassel-Mitte: „Die Erinnerung an den rechtsextremistischen Mord an Walter Lübcke geht unsere ganze Gesellschaft an. Sein politisches Wirken hatte der Regierungspräsident unseren demokratischen Werten verschrieben, für die er leidenschaftlich eingetreten ist. Schon am ersten Jahrestag seines Todes hat die große Osanna-Glocke zum Gedenken gerufen. Ich freue mich sehr und bin dankbar, dass in diesem Jahr Bundespräsident Walter Steinmeier in der Martinskirche zu uns sprechen wird.“
Mit Glocke, Posaunen und Poesie für die Demokratie: Die Gedenkfeier (10.30 bis 11.30 Uhr) wird geistliche Elemente enthalten und von Schülerinnen und Schülern der Walter-Lübcke-Schule aus Wolfhagen (Kreis Kassel) und dem renommierten Chor der Kantorei St. Martin mitgestaltet. Zu Beginn der Feier wird, wie bereits in den Vorjahren, die Osanna-Glocke der Martinskirche läuten und weithin zu Rechtsstaat, Demokratie, Freiheit und innerem Frieden rufen.
Ein weiteres Highlight: Der Auftritt der Banda Communale aus Dresden. Als Protest-Blaskapelle gegen Nazi-Aufmärsche 2001 gegründet, hatte die Banda 2015 nach tagelangen fremdenfeindlichen Protesten vor der Asylunterkunft in Freital (Sachsen) ihre Band mit geflüchteten Musikern erweitert. Statt ursprünglich zehn zählt die Band heute 20 internationale Musikerinnen und Musiker. Ihr Repertoire: Afrofunk, Balkan-Brass, Klezmer und orientalische Hits. Das Orchester ist vielfach ausgezeichnet, spielt aber nach wie vor engagiert bei Demonstrationen und Demokratie-Festen.
Die Band wird bei der Gedenkfeier am Sonntag, 2. Juni, mitwirken und im Anschluss auf Einladung der Initiative „Offen für Vielfalt“ im Anschluss an die Gedenkfeier ein öffentliches, kostenfreies Konzert vor der Martinskirche in Kassel geben. Das Demokratiefest findet mit Unterstützung der Hessischen Landesregierung und unter der Schirmherrschaft des Hessischen Ministerpräsidenten statt.
Weitere Einzelheiten zum Programm und Ablauf folgen und werden von den Organisatoren bekanntgeben.
Über die Osanna-Glocke: Die Osanna-Glocke der Martinskirche Kassel läutet seit dem Todestag von Walter Lübcke am 2. Juni. Sie ist die größte Glocke im Glockenstuhl der Martinskirche und hat zuvor einzeln nur am Karfreitag, am 22. Oktober zum Gedenken an die Zerstörung Kassels 1943 und zum Gedenken an den antisemitischen Pogrom von 1938 geläutet. Seit 2020 erklingt sie auch zum Todestag von Dr. Walter Lübcke – im Gedenken an ihn und an alle Opfer politischen Terrors in Deutschland.
Über die Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“: Nach den gewalttätigen Ausschreitungen in Chemnitz im Spätsommer 2018 gründet sich mit Unterstützung von heimischen Unternehmen in Kassel die Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung e.V.“, um ein Zeichen für ein vielfältiges Miteinander zu setzen. Die gemeinnützige Initiative für Demokratie und Vielfalt hat heute in Nordhessen rund 40 Kooperationspartner unter ihrem Dach vereint. www.offenfuervielfalt.deÖffnet sich in einem neuen Fenster
Mehr über die Veranstalter hier:
Regierungspräsidium Kassel:
https://rp-kassel.hessen.de/ueber-uns
Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung e.V.:
www.offenfuervielfalt.deÖffnet sich in einem neuen Fenster
Ev. Kirchengemeinde Kassel-Mitte:
https://www2.ekkw.de/kassel-mitte/Öffnet sich in einem neuen Fenster
Pressekontakte:
Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung e.V.
Michael Sasse
Mobil: 0171 / 339 72 17
michael.sasse@offenfuervielfalt.de
Regierungspräsidium Kassel
Katrin Walmanns
Telefon: 0561 / 106 1011
Presse@rpks.hessen.de