Regierungspräsidium Kassel

Berichterstattung zum Windpark Reinhardswald

Am Samstag, 14. Oktober berichtete die Hofgeismarer Allgemeine unter dem Titel „Rodung an der ,Sowieso-Trasse‘“ über die anstehenden Baumfällungs- und Rodungsarbeiten für die Zuwegung zum Windpark Reinhardswald. Dieser Artikel enthält mehrere sachliche Fehler, die Anlass zu Fehlverständnissen geben können und einer Richtigstellung bedürfen.

Lesedauer:7 Minuten

Das Regierungspräsidium Kassel als zuständige Genehmigungsbehörde nach dem Forst- und Naturschutzrecht nimmt hierzu im Einzelnen Stellung:
 

„Mit den neuen Entscheidungen ist die Windpark Reinhardswald GmbH & Co nun berechtigt, Rodungen und Fällungen entlang der geplanten Zuwegungsstrecke zu den Anlagenstandorten 5 bis 9 vorzunehmen.“

  • Dies ist nicht korrekt. Die Vorhabenträgerin ist nach der VGH-Entscheidung berechtigt, Baumfäll- und Rodungsarbeiten an der gesamten durch das RP Kassel mit Genehmigungsbescheid vom 20.2.2022 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 20.12.2022 genehmigten Zuwegung vorzunehmen. Die Genehmigung erstreckt sich auf die Zuwegung zwischen den Anlagenstandorten 3 bis 20.

„[Sowieso-Zuwegung] sei ein vom RP neu eingeführter Begriff, der wahlweise durch den Begriff „interne Zuwegung“ ersetzt werde. Bei den ursprünglichen Planungen sei von einer „Sowieso Zuwegung“ keine Rede gewesen.“

  • Der Begriff „Sowieso-Zuwegung“ (der VGH nutzt den Begriff „Sowieso-Erschließung“) ist nur im Zusammenhang mit der Variantenabwägung für die geplante Zuwegung zu den Anlagenstandorten im Vorranggebiet KS 4b Langenberg zu verstehen. Das RP Kassel verwendet den Begriff lediglich gegenüber dem VGH im Rahmen seiner schriftsätzlichen Erläuterung hinsichtlich der genauen Trassenführung der drei im Genehmigungsverfahren betrachteten Zuwegungsalternativen zwischen den WEA 5 bis 9. Konkret beschreibt der Begriff, dass unabhängig von der vergleichenden Betrachtung der drei Zuwegungsvarianten im Bereich des Vorranggebietes KS 4b Langenberg Wegestrecken in Anspruch genommen werden müssen, die in jeder Variante gleichermaßen auszubauen sind. In diesem Zusammenhang hat das RP Kassel zur Klarstellung in einem Schriftsatz an das Gericht den Begriff „Sowieso-Erschließung“ verwendet. Im Weiteren hat das RP sodann dem Gericht dargelegt, warum die genehmigte Variante 2 zwischen den WEA 5 und 9 die eingriffsärmste und damit im Vergleich zu den betrachteten Varianten 1 und 3 vorzugswürdig ist. Das Gericht ist in seinem Beschluss vom 6.10.2023 bzw. vom 9.10.2023 sodann der Argumentation des RP Kassel gefolgt.  

„Nach Ansicht des Aktionsbündnisses seien bislang zwei andere Varianten betrachtet worden. Diese beträfen die asphaltierte Waldstraße sowie einen ausgebauten Waldweg. Die neue „Sowieso-Trasse“ mache einen komplett neuen Straßenbau durch ein bislang unzerschnittenes Gebiet notwendig.“

  • Diese Formulierung ist in dieser Form falsch und suggeriert erstens, dass sich der Genehmigungsgegenstand der Zuwegung durch den Beschluss des VGH nunmehr geändert hat und zweitens, dass die Zuwegung nunmehr einen völlig neuen Verlauf nehmen soll. Fakt ist, dass die Baumfäll- und Rodungsarbeiten an exakt der Trasse erfolgen, die von der Vorhabenträgerin ursprünglich beantragt wurde und die Gegenstand der erteilten Genehmigung ist.

    Mit Blick auf den vom RP Kassel vorgenommenen Variantenvergleich ist die Vorzugsalternative die mit Bescheid vom 20.2.2022 in der Fassung des Ergänzungsbescheides vom 20.12.2022 genehmigte Alternative 2. Mit Blick auf die im Verfahren betrachtete alternative Trassenführungen ist folgendes zu erläutern: Die Alternativen 1 und 3 haben eine Länge von ca. 3,1 km sowie ca. 2,8 km und verlaufen weitgehend über bestehende Forstwege (Alternative 1) bzw. die asphaltierte Waldstraße (Alternative 3). Sie machen allerdings neben den Aufweitungen der Wege weitere Neubauabschnitte abseits von vorhandenen Wegetrassen und damit Neutrassierungen erforderlich. Die Alternative 2 weist demgegenüber lediglich insgesamt eine Länge von 318 m auf (davon 80m Neuanlage). Wegen der geringeren Neuinanspruchnahme ist die Alternative 2 die eingriffsärmste und damit verträglichste. Der VGH folgt in seinem Beschluss dieser Argumentation.

    Die in Rede stehenden Rodungsflächen der gesamten Zuwegung gehen aus dem entsprechenden Ergänzungsbescheid hervor, der auf der Website des RP Kassel bereitgestellt wurde. Dort findet sich in der Anlage der „Rodungsplan Übersichtskarte“ (S. 142 des PDF), aus dem der gesamte genehmigte Streckenverlauf der Waldumwandlungs- und Eingriffsgenehmigung ersichtlich wird. Die konkreten Rodungsflächen ergeben sich jeweils aus den einzelnen Darstellungen der Rodungspläne Blatt 01 bis Blatt 21. Die Größen der Rodungsflächen ergeben sich aus den dem Ergänzungsbescheid ebenfalls angehängten Tabellen (ab S. 134 des PDF).
    Für die Zuwegung werden knapp 5 Hektar Waldfläche dauerhaft in Anspruch genommen, rund 3,5 Hektar temporär. In den Nadelwaldbeständen sind vorwiegend Fichtenbestände berücksichtigt, die sich mittlerweile durch Sturmwurf und Käfer sowie Trocknisschäden großflächig als Frei- oder Sukzessionsflächen darstellen (Vgl. S. 17f. des Ergänzungsbescheides).

„Die Trasse, auf und an der laut VGH-Beschluss nun Rodungen stattfinden können, berührt auch sogenannte Naturwaldgebiete. In solchen Gebieten soll sich der Wald natürlich ohne forstliche Nutzung entwickeln können. Hier könnten bereits in den nächsten Tagen über 150 Jahre alte Buchen der Motorsäge zum Opfer fallen.“

  • Die genehmigte Zuwegung durchquert zwischen den WEA 6 und 7 im Bereich der Variante 2 auf ca. 80m eine von Hessen Forst ausgewiesene Kernfläche Naturschutz mit ca. 500 alten Buchen. In solchen Gebieten soll sich der Wald natürlich ohne forstliche Nutzung entwickeln können. Hier ist die vorgesehene Fällung lediglich einer ca. 195jährigen Buche gleichwohl vertretbar und zulässig.

„Für weitergehende Maßnahmen zum Aus- und Neubau der Zuwegung fehlt es allerdings nach wie vor an der bundesrechtlich gebotenen Prüfung bezüglich der ausgewiesenen Wasserschutzgebiete am Langenberg. Darauf macht das RP Kassel aufmerksam. Die baubedingten Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter Wasser und Boden müssten daher noch vollständig ermittelt und bewertet werden. Gleichwohl sei eine förmliche Beteiligung der Träger der Trinkwasserversorgung, zu deren Gunsten die Schutzgebiete festgesetzt worden seien, bislang ,ersichtlich nicht vorgenommen worden‘, so das RP.“

  • Diese Äußerungen/Zitate sind falsch zugeordnet worden und wurden nicht vom RP Kassel getätigt. Sie entstammen einer PressemitteilungÖffnet sich in einem neuen Fenster des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes (VGH).

    Entsprechende Aspekte des Baurechts, die nach Auffassung des VGH noch ungeklärt sind, wird die Genehmigungsbehörde anhand der Urteilsbegründung vertieft analysieren und dann hieraus ggf. die nächsten Schritte ableiten. (Vgl. hierzu auch unsere entsprechende Pressemitteilung vom 11. Oktober)

        Die durch den HNA-Artikel vom 14. Oktober ggf. entstandenen Missverständnisse sind bedauerlich. Fakt ist, dass durch den VGH-Beschluss nunmehr der Bescheid aus 2022 bezüglich der Rodungen und Fällungen, die für die Zuwegung zu den 18 genehmigten Windkraftanlagestandorten erforderlich sind, umgesetzt werden kann. Alle weiteren Schriftstücke, teilweise aus dem Rechtsverkehr, auf die Bezug genommen wird, dienen lediglich der Erläuterung und Erklärung des Vorhabens und der getroffenen Entscheidungen.

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