Öffentliche Bekanntmachungen

Allgemeinverfügung zur Anordnung einer Duldungspflicht

Regierungspräsidium Kassel 
Abteilung II - Verkehr, Planung, ländlicher Raum, Verbraucherschutz- Dezernat 23 -Veterinärwesen und Verbraucherschutz

Allgemeinverfügung zur Anordnung einer Duldungspflicht bezüglich der Errich-tung von Zaunanlagen entlang der Bundesstraßen 253 und 236 und der Landesstraße 3382 zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest bei Wildschweinen

Das Regierungspräsidium Kassel erlässt als örtlich zuständige obere Veterinärbehörde für den Regierungsbezirk Kassel auf Grundlage von § 2a des Gesetzes zum Vollzug von Aufgaben auf den Gebieten des Veterinärwesens, der Lebensmittelüberwachung und der Ernährungssicherstellung und -vorsorge (VLEVollzG) folgende 

Allgemeinverfügung: 

1. Entlang der Bundesstraße 253 ist zwischen der Regierungsbezirksgrenze zum Regierungsbezirk Gießen im Süden und Battenberg (Eder) im Norden in einem Korridor von bis zu 500 Metern auf beiden Seiten der Straße bis zum 31.12.2026 von Grundstückseigentümern, Nutzungsberechtigten und anderen Personen die Errichtung und die Unterhaltung eines mobilen und eines festen Zauns zum Schutz gegen die Ausbreitung der Afrikanischem Schweinepest (ASP) bei Wildschweinen zu dulden. Die Duldungspflicht nach Satz 1 erstreckt sich auch auf die mit der Errichtung der Zäune einhergehenden Beschränkungen und Erschwerungen des Durchgangs. 

2. Entlang der Landesstraße 3382 ist ab der Ederbrücke im Westen bis zur Kreuzung mit der Bundesstraße B 236 im Osten in einem Korridor von bis zu 500 Metern auf beiden Seiten der Straße bis zum 31.12.2026 von Grundstückseigentümern, Nutzungsberechtigten und anderen Personen die Errichtung und die Unterhaltung eines mobilen und eines festen Zauns zum Schutz gegen die Ausbreitung der ASP bei Wildschweinen zu dulden. Die Duldungspflicht nach Satz 1 erstreckt sich auch auf die mit der Errichtung der Zäune einhergehenden Beschränkungen und Erschwerungen des Durchgangs.

3. Entlang der Bundesstraße B 236 ist ab der in Ziffer 2 genannten Kreuzung mit der Landesstraße 3382 im Süden bis zur Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen im Norden in einem Korridor von bis zu 500 Metern auf beiden Seiten der Straße bis zum 31.12.2026 von Grundstückseigentümern, Nutzungsberechtigten und anderen Personen die Errichtung und die Unterhaltung eines mobilen und eines festen Zauns zum Schutz gegen die Ausbreitung der ASP bei Wildschweinen zu dulden. Die Duldungspflicht nach Satz 1 erstreckt sich auch auf die mit der Errichtung der Zäune einhergehenden Beschränkungen und Erschwerungen des Durchgangs. 

4. Alle in den Zaunanlagen nach den Ziffern 1 bis 3 verbauten Durchlässe und Tore sind geschlossen zu halten und nach der Nutzung unverzüglich wieder zu verschließen. 

5. Für die Ziffern 1 bis 3 wird gemäß § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse angeordnet, soweit die aufschiebende Wirkung nicht bereits nach § 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 des Tiergesundheitsgesetzes entfällt. 

6. Diese Verfügung gilt an dem auf die ortsübliche Bekanntmachung folgenden Tag als bekannt gegeben. Die Verfügung wird zusätzlich auf der Internetseite des Regierungspräsidiums Kassel, https://rp-kassel.hessen.de/nordosthessen/oeffentliche-bekanntmachungenÖffnet sich in einem neuen Fenster öffentlich bekannt gemacht. 

Begründung: 

Zu den Ziffern 1 bis 4: 
Die Anordnungen beruhen auf § 11 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in Verbindung mit Art. 70 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) 2016/429 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 9. März 2016 zu Tierseuchen und zur Änderung und Aufhebung einiger Rechtsakte im Bereich der Tiergesundheit („Tiergesundheitsrecht“), ABl. der EU Nr. L 84, S. 1.
Die obere Veterinärbehörde kann die Duldungsverpflichtung auf § 11 HSOG stützen. Für den Vollzug des Veterinärrechts sind die Landräte und Oberbürgermeister der kreisfreien Städte als Kreisordnungsbehörden nach § 1 Abs. 1 Satz 1 VLEVollzG vom 21. März 2005 (GVBl. I S. 229, 232), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Januar 2023 (GVBl. S. 40) zuständig. Fachaufsichtsbehörde über die Kreisordnungsbehörde ist das Regierungspräsidium (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VLEVollZG). Die Ordnungsbehörden sind Gefahrenabwehrbehörden (§ 1 Abs. 1 Satz 1 HSOG), sie werden durch § 11 HSOG ermächtigt. Das Regierungspräsidium Kassel ist instanziell nach § 2a Satz 1 und 2 VLEVollZG für den Erlass der Allgemeinverfügung zuständig. Diese betrifft vorliegend nur den Landkreis Waldeck-Frankenberg, die notwendigen Maßnahmen zum Seuchengeschehen erstrecken sich jedoch auf alle drei Regierungsbezirke in Hessen und auch Nordrhein-Westfalen und hat daher kreisübergreifende Bedeutung. 
Bei der ASP handelt es sich um eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 11 HSOG. Sie gefährdet die Gesundheit von Wild- und Hausschweinen, schweinehaltenden Betrieben drohen ganz erhebliche wirtschaftliche Einbußen, die bis zur Vernichtung ihrer wirtschaftlichen Existenz führen können. 
Dementsprechend gebietet Art. 70 Abs. 1 Buchst. b) der Verordnung (EU) 2016/429 ab dem Zeitpunkt des Auftretens eines Verdachts und nach amtlicher Bestätigung den Mitgliedstaaten, „die erforderlichen Seuchenpräventions- und -bekämpfungsmaßnahmen“ 
zu ergreifen. Im Hinblick auf das Seuchengeschehen im Kreis Siegen-Wittgenstein in Nordrhein-Westfalen ist aktuell zur Begrenzung des Seuchengeschehens eine Zäunung entlang der Bundesstraßen 253 und 236 erforderlich, um den Eintrag des ASP-Virus in die Wildschweinpopulationen östlich in den Landkreis Waldeck-Frankenberg möglichst zu verhindern, nachdem verendete, mit dem ASP-Virus infizierte Kadaver im Kreis Siegen-Wittgenstein ca. 16 km von der hessischen Landesgrenze aufgefunden wurden. Dementsprechend wird der Zaun in südlicher Richtung entlang der Bundesstraße 253 im Regierungsbezirk Gießen fortgeführt. Der Zaun dient als Barriere, um eine großflächige und ggf. nicht mehr kontrollierbare Seuchenausbreitung nach Hessen nach Möglichkeit zu verhindern.
Der Bau des Zauns ist im Sinne des Art. 70 Abs. 1 Buchst. b) der Verordnung (EU) 2016/429 als erforderlich anzusehen, es handelt sich in der aktuellen Situation um eine erforderliche Maßnahme der Gefahrenabwehr. Art. 70 Abs. 1 Buchst. b) der Verordnung (EU) 2016/429 gewährt insofern kein Entschließungsermessen, sodass das durch § 11 HSOG eröffnete Ermessen rechtmäßig nur so ausgeübt werden kann, dass die Voraussetzungen für den Zaunbau geschaffen werden. 
Die Errichtung des Zauns und das Stehen des Zauns auf den Grundstücken ist mitsamt den damit einhergehenden Beeinträchtigungen der Bewegungsfreiheit und Erschwernissen bei der Bewirtschaftung von den Eigentümern und Nutzungsberechtigten sowie Dritten, die sich in den fraglichen Bereichen fortbewegen, zu dulden. Das Wiederverschließen von Durchgängen ist erforderlich, damit der Zaun seine Funktion bei der Seuchenbekämpfung erfüllen kann. 
Diese Seuchenbekämpfungsmaßnahme ist geeignet, erforderlich und angemessen und damit verhältnismäßig, die ASP zu bekämpfen und greift nicht in unzulässiger Weise in schützenswerte Rechtsgüter ein. Wegen der erheblichen Folgen der ASP für die gesamte Region und den damit verbundenen massiven volkswirtschaftlichen Schäden, insbesondere auch wegen der drohenden Gesundheitsgefahren für Tiere, war diese Regelung anzuordnen, um das Risiko einer Weiterverbreitung bzw. eine Gesundheitsgefährdung empfänglicher Tiere in engerer und weiterer Umgebung zu reduzieren. Nur wenn diese Maßnahme sofort und umfassend ergriffen und eingehalten wird, kann eine mögliche Ausbreitung des Virus verhindert werden. Die effektive Verhinderung erheblicher tiergesundheitlicher und wirtschaftlicher Schäden ist höher zu bewerten als das entgegenstehende Interesse Einzelner, von den Folgen der getroffenen Anordnung verschont zu werden. Betroffen sind Grundstücke im Außenbereich, auf die sich die Privatsphäre der Eigentümer und Nutzungsberechtigten nicht erstreckt. Erschwernisse bei der Bewirtschaftung oder beim Zutritt in der freien Landschaft sind hinzunehmen. Gegenläufige persönliche Interessen Einzelner, die der Anordnung der Umzäunung entgegenstehen, wiegen nicht so schwer und müssen dementsprechend zurücktreten. 

Zu Ziffer 5: 

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung beruht auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Anordnung ist im öffentlichen Interesse notwendig um eine Ausbreitung des Seuchenerregers ostwärts in die Bereiche des Landkreises Waldeck-Frankenberg und die weiter östlich liegenden Landkreise Kassel und Schwalm-Eder zu verhindern, wo es viele schweinehaltende Betriebe gibt. Bei der ASP handelt es sich um eine schwerwiegende Erkrankung. Ohne die sofortige Geltung der in dieser Verfügung normierten Regelungen steigt die Gefahr, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet, ggf. nicht mehr kontrollierbar wird und dadurch erhebliche Schäden verursacht werden. Dies kann jedoch im öffentlichen Interesse an der Eindämmung der Seuche, zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden und zur Gewährleistung des grundgesetzlich normierten Staatszieles Tierschutz nicht hingenommen werden. Angesichts der Möglichkeit, dass aufgrund des Seuchengeschehens Handelsbeschränkungen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland oder Teilen davon verhängt werden, was massive volkswirtschaftliche Schäden und Existenzgefährdungen Einzelner zur Folge haben könnte, sowie der Möglichkeit, dass für eine Vielzahl von Tieren erhebliche Gesundheitsgefahren und erhebliches Tierleid drohen, sind zeitliche Verzögerungen nicht hinnehmbar. Private Interessen, die der Anordnung der sofortigen Vollziehung entgegenstehen, müssen daher zurückstehen. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen diese Anordnungen haben keine aufschiebende Wirkung. 

Zu Ziffer 6: 

Die Bekanntgabe der Verfügung beruht auf § 41 Abs. 4 S. 3 und 4 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (HVwVfG) in der zurzeit gültigen Fassung. Gemäß § 41 Abs. 4 S. 3 HVwVfG gilt bei öffentlicher Bekanntgabe eines Verwaltungsaktes dieser zwei Wochen nach der ortsüblichen Bekanntmachung als bekannt gegeben. Nach § 41 Abs. 4 Satz 4 HVwVfG kann in einer Allgemeinverfügung ein hiervon abweichender Tag, jedoch frühestens der auf die Bekanntmachung folgende Tag bestimmt werden. Von letzterem wird Gebrauch gemacht, da die Sperrmaßnahmen im Interesse einer wirksamen Seuchenbekämpfung unverzüglich greifen müssen. 

Hinweis: 

Hinsichtlich der betroffenen Grundstücke wird auch auf die interaktive Karte verwiesen, die auf der Internetseite des Regierungspräsidiums Kassel veröffentlicht wird: https://rp-kassel.hessen.de/nordosthessen/oeffentliche-bekanntmachungen Öffnet sich in einem neuen Fenster

Rechtsbehelfsbelehrung: 

Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage beim Verwaltungsgericht Kassel, Goethestraße 41 + 43, 34119 Kassel, erhoben werden.

Kassel, den 16. Juli 2025  

REGIERUNGSPRÄSIDIUM KASSEL 
RPKS - AZ 0030-23-019b40.04-00002#2025-00008

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